Für Belgiens besten Gegner England kommt WM in Russland vielleicht zu früh

Topstar Harry Kane von den Tottenham Hotspur ist ein hochklassiger Stürmer. | dpa

Die berüchtigte Yellow Press gibt sich nach über fünf Jahrzehnten voll Pleiten, Pech und Pannen keinen Illusionen mehr hin. Die englischen Fans, schreibt das Boulevardblatt „The Sun“, sollten vor ihrer Abreise nach Russland lieber „nicht zu viele Unterhosen“ einpacken.

Der einzige Weltmeister-Titel liegt bald 52 Jahre zurück, in einem WM-Halbfinale spielten die Erfinder des modernen Fußballs zuletzt 1990. Gary Lineker stand damals beim unglücklichen Aus gegen die deutsche Elf auf dem Platz, jetzt hofft die Stürmerlegende auf ein Ende der langen Leidenszeit. England dürfe sich auf eine „neue goldene Generation“ freuen, sagt der TV-Experte und gestrige Moderator in Russland. Jedoch: Noch ist diese wohl zu jung.

Fußball-England hat 2017 international sein bestes Jahr seit 1966 erlebt: Die U17 und U20 wurden Weltmeister – das war den „Young Lions“ zuvor nie gelungen. Die U19 gewann die EM, die U21 scheiterte dort erst im Elfmeterschießen an der deutschen Auswahl. Der Nachwuchs, scherzte der ehemalige Nationalspieler Peter Crouch ob all dieser ungewöhnlichen Erfolge, habe „keine Achtung vor der Tradition“.

Teammanager Gareth Southgate blickt mit Freude auf das Duell mit Belgien.

Allein: Russland kommt für die meisten Talente zu früh, auf der Insel hoffen sie daher auf Katar 2022. Topstar Harry Kane (Tottenham Hotspur), nach dem Abschied von Rekordtorschütze Wayne Rooney Sturmführer, wäre dann 29 und wie einige andere im besten Profialter. Auf Sicht, meint Chelseas Teammanager Antonio Conte, werde die englische Nationalmannschaft nur „sehr schwer zu schlagen“ sein.

Und in Russland? „Wir dürfen vorsichtig optimistisch ins Jahr 2018 blicken…“, schreibt der „Guardian“, aber, ach, die dunklen Jahre wirken nach: „… auch wenn nächsten Sommer dann doch wieder alles zusammenbrechen könnte.“ Teammanager Gareth Southgate blickt mit Freude auf das Duell mit Belgien. „Ich denke, dass jeder in England sich auf das Spiel freut“, so der Trainer nach der Auslosung.

Die torlosen Remis gegen Deutschland und Brasilien im November in Wembley, bei denen er insgesamt sechs Debütanten brachte, hätten die Bindung zwischen Mannschaft und so oft enttäuschten Fans wieder gestärkt, sagt er. Und sportlich? Schwerer als gegen diese Top-Nationen werde es „auch in Russland nicht“.

Die „Selecao“ aber, gibt Southgate zu, sei seinen „Three Lions“ in mancherlei Hinsicht „noch Lichtjahre voraus“. Auch die „Sun“ stänkert, England bräuchte „den Google-Übersetzer“, um den Samba-Fußball von Neymar und Co. zu verstehen.

Müssen die „Lightning Seeds“ also irgendwann von „60 years of hurt“ singen? 2014 in Brasilien war schon in der Vorrunde Schluss. Bei der jüngsten Internetumfrage der „Sun“ prophezeiten rund 60 Prozent ein Aus spätestens im Achtelfinale. An den Titel glaubten ganze neun Prozent. (sid)