„Europa beeindruckt“: Ajax erlebt Renaissance

Es waren legendäre Zeiten und große Namen. Johan Cruyff war in den glorreichen 1970er Jahren der König von Amsterdam. Mitte der 1990er sorgten unter Trainer Louis van Gaal Stars wie Frank Rijkaard, Clarence Seedorf oder Patrick Kluivert in Europa für Furore. Nun schicken sich Talente wie Bertrand Traoré, Kasper Dolberg oder Amin Younes an, die guten, alten Zeiten von Ajax Amsterdam wieder aufleben zu lassen.

Es waren legendäre Zeiten und große Namen. Johan Cruyff war in den 1970er Jahren der König von Amsterdam.

Nach dem 4:1 in einem furiosen Halbfinal-Hinspiel der Europa League gegen Olympique Lyon darf der niederländische Traditionsverein vom ersten europäischen Finale seit 21 Jahren und vom ersten großen Titel seit 22 Jahren träumen. 1995 hatte Ajax die Champions League durch ein 1:0 gegen den AC Mailand gewonnen, ein Jahr später das Finale gegen Juventus Turin verloren.

Seitdem war es international still um den 33-maligen niederländischen Meister geworden – bis jetzt. Ajax, das im Viertelfinale Schalke 04 ausgeschaltet hatte, ist plötzlich wieder in aller Munde. Einige Jungstars sind bereits ins Visier der Topklubs aus England oder Spanien gerückt. „Europa von Ajax beeindruckt“, titelte der Telegraaf am Donnerstag stolz. Man habe Ajax wieder „ein wenig auf die europäische Landkarte gestellt“, meinte das 17-jährige Supertalent Matthijs de Ligt.

Die Mannschaft von Trainer Peter Bosz wies am Mittwochabend einen Altersschnitt von gerade einmal 22 Jahren auf. Zehn der 14 eingesetzten Profis wie eben de Ligt oder Kluivert-Sohn Justin, der am Freitag 18 wird, waren beim letzten großen Ajax-Triumph 1995 noch gar nicht geboren. „Ich habe meinen Vater immer davon reden hören“, sagte Kapitän Davy Klaasen, selbst erst 24. Vielleicht reden in 20 Jahren die Leute dann über Klaassen, de Ligt oder Younes, der einst in Gladbach und Kaiserslautern spielte. Das Finale der Europa League am 24. Mai in Stockholm gegen Manchester United oder Celta Vigo ist auf jeden Fall greifbar nahe.

Doch allzu große Euphorie wollte niemand bei Ajax verbreiten, zumal man gegen Schalke einen 2:0-Vorsprung im Rückspiel fast noch verspielt hätte (2:3 n.V.). „Das ist eine gute Ausgangslage, aber das dachten wir in der vorigen Runde auch. Seit Schalke wissen wir, dass es noch nicht klar ist“, sagte Klaassen.

Auch Bosz warnte nach einem Spektakel, „das auch 12:6 hätte ausgehen können“, und Toren von Traoré (25., 71.), Dolberg (34.) sowie dem starken Younes (49.) vor dem Rückspiel kommende Woche beim Champions-League-“Absteiger“, der immerhin in der Zwischenrunde AZ Alkmaar zu Hause mit 7:1 gedemütigt hatte: „Lyon ist zu gut. Die ersten 20 Minuten, in denen wir richtig schwach waren, haben gezeigt, dass wir noch nicht durch sind. Wir müssen nachlegen.“

Dabei baut Bosz wie in früheren Ajax-Glanzzeiten auf seine starke Offensive. Die verzeichnete 21 (!) Torschüsse und stellte damit den Rekord in der K.o.-Phase der Europa League ein. Cruyff hätte sicher seine Freude daran gehabt. (sid)