Umbruch

Dass er zwei Abseitstore von Real übersah und Arturo Vidal unberechtigterweise erst in der 84. Minute – und nicht schon viel früher – Gelb-Rot zeigte, hatte massiven Einfluss auf das Spiel. Doch die Bayern vergaßen bei ihren Tiraden gegen den 41-Jährigen, dass auch sie beim 2:1, das erst die Verlängerung brachte, begünstigt worden waren.

Wie auch immer: Es war für die Bayern nach einem Spektakel ohne Happy End auf jeden Fall ein Thema, mit dem sich trefflich von den eigentlichen Problemen ablenken ließ. Und sollten sich die Gemüter demnächst einmal beruhigen haben, müssen die Münchner nüchtern feststellen, dass das Aus in der Champions League durchaus verdient war. Der deutsche Rekordmeister hatte sogar Glück, dass Real mit seinen Chancen in der zweiten Halbzeit in München und der ersten in Madrid so fahrlässig umgegangen war – sonst hätte es Diskussionen um den Schiedsrichter nämlich erst gar nicht gegeben. Real und Cristiano Ronaldo waren unter dem Strich einfach besser.

Da können die Bayern noch so sehr von ihrem Luxus-Kader schwärmen, königlich wie bei Real ist dieser eben nicht. Das wurde in den beiden Duellen deutlich. Es gibt trotz Robert Lewandowski eben keinen Ronaldo. Es gibt vor allem keinen Ersatz für Lewandowski – und auch nicht für die alternden Stars Franck Ribéry und Arjen Robben. Nun hören auch noch Philipp Lahm und Xabi Alonso auf. Gut, der Spanier war gegen Real auch nicht auf der Höhe – aber ein tiefer Einschnitt wird das Karriereende der beiden Weltmeister bei den Bayern durchaus. Dass die bereits verpflichteten Niklas Süle und Sebastian Rudy, Joshua Kimmich oder Renato Sanches diese Lücken schließen können, ist fraglich. Der nötige Umbruch erfordert Geduld, die die Münchner eher selten aufbringen.

Für Trainer Carlo Ancelotti wird es eine schwere Aufgabe, die Bayern in die Zukunft zu führen. Seine Aura hat Kratzer abbekommen. Den Ruf, dass seine Teams gerade im Frühjahr glänzen, konnte er in München (noch) nicht bestätigen. Aber nicht nur Ancelotti ist gefordert. Jetzt können und müssen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge beweisen, dass sie auch ohne einen Sportdirektor die richtigen Entscheidungen treffen. Es warten schwere Wochen auf die Bayern. Das nationale Double ist allenfalls der Trostpreis. (sid)