Leipzig verkürzt Abstand

Gladbach verpasste bei einem von Thorgan Hazard (Foto) vergebenen Foulelfmeter den zwischenzeitlichen Ausgleich und kassierte gegen Leipzig seine erste Liga-Niederlage unter Trainer Dieter Hecking. | afp

Eine gähnend leere Dortmunder Südtribüne, schon wieder ein Bayern-Tor in allerletzter Sekunde und der Mittelfinger von Carlo Ancelotti – Fußball-Deutschland hat frischen Stoff für Debatten. Das späte 1:1 des Münchners Robert Lewandowski in Berlin und die umstrittene Geste des Bayern-Trainers danach hatten am 21. Spieltag der Bundesliga genauso das Zeug für den Saison-Rückblick wie die gesperrte „Gelbe Wand“ beim 3:0 des BVB gegen Wolfsburg.

„Das sind schreckliche Bilder, das ist eine tiefe Zäsur. Der BVB ohne Südtribüne ist wie Fußball ohne Ball“, klagte Clubchef Hans-Joachim Watzke. So schwer der Anblick für die Dortmunder zu ertragen war – das Team von Thomas Tuchel feierte trotz fehlender Unterstützung durch die „Süd“ einen ungefährdeten Sieg. Wegen der skandalösen Vorfälle beim Heimspiel gegen RB Leipzig 14 Tage zuvor hatte der DFB gleich 25.000 Fans von der größten Stehtribüne in Europa ausgeschlossen. Berauscht von der Gala feierten die BVB-Anhänger ihre Lieblinge schon kurz vor dem Abpfiff mit La Ola. „Der Funke ist übergesprungen. Alle haben sich ins Zeug gelegt, um die bestmögliche Stimmung zu schaffen“, schwärmte Tuchel, aber: „Wir wünschen uns, das nicht nochmal erleben zu müssen.“ Gleichwohl freute sich Tuchel über drei wichtige Punkte, mit denen seine Elf Tabellen-Platz drei eroberte. „Es war extrem wichtig für uns, diese Reaktion auf die letzten beiden Spiele zu zeigen“, sagte 3:0-Torschütze Lukasz Piszczek mit Verweis auf die Niederlagen in Lissabon und Darmstadt.

Ancelotti ließ sich zu einem Mittelfinger-Gruß hinreißen.

Hoch her ging es auch beim Auftritt von Spitzenreiter Bayern bei der Hertha, die den Champions-League-Teilnehmer hart am Rande einer Niederlage hatte. So löste Lewandowskis Ausgleichstor in der Nach-Nachspielzeit (nach 96:59 Minuten) beim Gegner großen Verdruss aus, nachdem zuvor offiziell nur fünf Minuten „Verlängerung“ angezeigt worden waren.

Hertha-Coach Pal Dardai monierte einen „Bayern-Bonus“, akzeptierte die Referee-Entscheidung aber letztlich. Immerhin hatte auch er selbst mit zwei Auswechslungen nach der 90. Minute versucht, Zeit zu schinden. „Später geht es nicht. Wenn du in letzter Sekunde ein Tor schießt, bedeutet das für die ganze Mannschaft, dass du im nächsten Spiel noch stärker wirst“, sagte Lewandowski, der mit nun 16 Toren dem führenden Pierre-Emerick Aubameyang (17) immer näher kommt.

Nach dem finalen Pfiff im Olympiastadion ließ sich Ancelotti zu einem Mittelfinger-Gruß gegen Hertha-Fans hinreißen. „Ich habe diese Geste gemacht, ich bin vorher angespuckt worden“, verteidigte sich der Italiener später in der ARD-Sportschau. Es wird spannend sein zu beobachten, ob die Ermittler des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in irgendeiner Weise auf die obszöne Fingerübung von Gentleman Ancelotti reagieren. Schließlich hat auch der Bayern-Coach Vorbildcharakter. Und in der deutschen Fußball-Historie gab es schon Spieler, die für dieselbe Geste von einer Weltmeisterschaft nach Hause geschickt und mehrere Jahre aus der Nationalmannschaft verbannt wurden. Nachzufragen bei Stefan Effenberg, den der damalige Bundestrainer 1994 von der WM in den USA verbannte, weil er Pfiffe deutscher Fans bei seiner Auswechslung mit dem „Stinkefinger“ quittiert hatte.

Erster Verfolger der Bayern bleibt RB Leipzig. Nach zuletzt zwei Niederlagen gegen Dortmund und Hamburg setzte sich der Aufsteiger am Sonntag mit 2:1 (1:0) bei Borussia Mönchengladbach durch. Die Torschützen Emil Forsberg (31.) und Timo Werner (55.) sorgten für den Sieg. Gladbachs Anschlusstreffer durch Jannik Vestergaard (81.) kam zu spät. Der Abstand der Leipziger zu den Münchnern verkürzte sich damit auf fünf Punkte.

Anthony Modeste zog mit dem bisher führenden Aubameyang gleich.

Leverkusens 3:1-Sieg am Freitag gegen den FC Augsburg, bei dem Karim Bellarabi mit seiner 1:0-Führung für Bayer das 50 000. Tor der Bundesliga-Historie gelang, wurde durch die Punktverluste der Europacup-Kandidaten aus Berlin, Frankfurt (0:2 gegen Ingolstadt) und Köln) aufgewertet. So verpassten die Kölner am Sonntag beim 1:1 (1:1) gegen den FC Schalke 04 den möglichen Sprung auf die internationalen Ränge. Immerhin zog FC-Angreifer Anthony Modeste dank seines 17. Saisontreffers zum 1:1 in der Bundesliga-Torjägerliste mit dem bisher führenden Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang gleich. (dpa)