Klasse

Die deutlich höhere Qualität im Kader des Rekordmeisters setzt sich in der Regel durch, ob nun in der 1. oder 96. Minute. Und zum Ende eines Spiels, wenn Kraft und Konzentration nachlassen, werden die Qualitätsunterschiede nun mal größer.

Die Last-Minute-Treffer machen die Bayern ligaweit zwar nicht unbedingt sympathischer, aber das wird den „Mia san mia“-Münchnern ziemlich egal sein. Genau wie die Verschwörungstheorien aus Berlin. Der von Hertha-Trainer Pal Dardai wegen der extrem langen Nachspielzeit beklagte „Bayern-Bonus“ bei Schiedsrichtern ist Populismus. Zumal Herthas Führungstreffer aus einem zweifelhaften Freistoß resultierte. Dass sich Dardai wenig später selbst korrigierte, spricht Bände.

Für Wirbel sorgte aber auch sein Münchner Trainerkollege. Dass Carlo Ancelotti wütenden Hertha-Fans den Mittelfinger zeigte, weil er nach eigenen Angaben angespuckt wurde, ist menschlich nachvollziehbar. Die Geste sollte man angesichts der Provokationen nicht überbewerten.

Eines aber dürfen die Bayern im Jubel über das späte Tor von Robert Lewandowski nicht vergessen: Sie haben bei Hertha nur einen Punkt geholt. Und dabei spielten sie lange Zeit so schwach, als wären sie mit den Gedanken noch bei der 5:1-Gala gegen den FC Arsenal drei Tage zuvor. Sollte das Ancelotti-Team in der Bundesliga tatsächlich Kräfte sparen wollen für das ganz große Ziel Champions-League-Sieg, dann ist das ein riskantes Spiel. Irgendwann kommt auch bei den Bayern mal Pech hinzu.

Borussia Dortmund wird die Münchner zwar nicht mehr einholen, doch die sportliche Reaktion des BVB auf die Sperre der Südtribüne war beim Sieg gegen den VfL Wolfsburg beeindruckend. Genau wie hinter den Kulissen die bisherige Aufarbeitung der erschreckenden Vorkommnisse aus dem Heimspiel gegen RB Leipzig. Dass der BVB gegen die eigenen Problemfans nun vehementer als zuvor vorgeht, ist löblich. Aber auch notwendig.

Denn diskutieren wir alle nicht viel lieber über den angeblichen „Bayern-Dusel“ als über Fan-Ausschreitungen?

(sid)