Der FC Bayern ist bereit für das große „Ding“

Jérôme Boateng und seine Mannschaftskollegen flogen am Osterwochenende nach Sevilla. Die Spieler wissen, dass alles Bisherige nur Vorgeplänkel war - auch das 6:0 gegen Dortmund. | dpa

Thomas Müller träumte beim Flug ins sonnige Andalusien bereits vom Titel in der Champions League, Trainer Jupp Heynckes allerdings warnte vor verfrühter Triple-Euphorie. „Es dieses Jahr zu schaffen, ist wahnsinnig schwer. Wir müssen erst mal ins Halbfinale kommen, wir brauchen eine Top-Leistung“, sagte Heynckes vor dem Viertelfinal-Hinspiel von Bayern München am Dienstag (20.45 Uhr) beim FC Sevilla. „Jetzt“, betonte er, „wird sich beweisen, ob wir so gut sind, wie uns alle machen.“

Das 6:0 gegen den „Rivalen“ Borussia Dortmund hat das ohnehin große Selbstbewusstsein der Heynckes-Bayern beinahe ins Unermessliche gesteigert. „Ein Galatag“, schwärmte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, „unglaublich, was passiert ist.“ Müller sieht mittlerweile „alle Zutaten vorhanden“ für den ganz großen Wurf im Finale der Königsklasse am 26. Mai in Kiew. „Wir haben alle hohe Erwartungen, sind hungrig, jeder tut alles. Wir waren schon viel zu lange nicht mehr im Endspiel. Wir wollen das Ding gewinnen“, sagte er.

Allerdings: Für Übermut, das wissen sie beim FC Bayern, ist gegen Sevilla kein Platz. „Wir haben von Anfang an gesagt: Das ist kein Glückslos, kein Traumlos“, versicherte Rummenigge. Und Müller betonte: „Sevilla hat nicht umsonst dreimal in Folge und fünfmal in elf Jahren die Europa League gewonnen. Das musst du erst mal schaffen, das heißt einiges.“

Außerdem: Im Hexenkessel Estadio Sanchez Pizjuan, wo 42.000 heißblütige Andalusier ihre Mannschaft nach vorne peitschen, „können wir uns auf einiges gefasst machen“, sagte Heynckes. Aber, fügte der Coach nach der Ankunft an: Die in zahlreichen Europacup-Schlachten gestählten Bayern könne „nichts mehr erschüttern“.

Der FC Sevilla, der am Samstag ein 2:0 gegen den FC Barcelona erst in der Schlussphase aus der Hand gab (2:2), ist allerdings keine Laufkundschaft: Der Europa-League-Rekordsieger ist in elf Europacup-Heimspielen gegen deutsche Mannschaften ungeschlagen (sieben Siege). Spanien-Kenner Heynckes schwärmte von „riesigen Fußballern“, die einen „gepflegten, kreativen Fußball“ spielten. „Es ist kein Zufall, dass sie Manchester United rausgeworfen haben“, warnte „Don Jupp“. Nach dem 0:0 in Sevilla gewann die Mannschaft dank zweier Tore von Wissam Ben Yedder 2:1 in England.

Auch Sportchef Hasan Salihamidzic weiß sehr genau, „was uns erwartet“: Die Familie seiner Frau kommt aus Sevilla. „Wir werden alles abrufen müssen“, betonte er. Zumal die Bayern gegen einen „Fluch“ anspielen: Seit dem Triple unter Heynckes 2013 kam das Aus immer gegen spanische Mannschaften. Nein, sagte Rummenigge angesichts dieser Bilanz, „da darf man nicht arrogant oder überheblich hingehen“. Heynckes verwies jedoch darauf, dass seine Bayern 2012 und 2013 Real und Barcelona ausgeschaltet hatten, „die beiden besten Mannschaften der spanischen Fußball-Geschichte. Was in den letzten vier Jahren passiert ist, ist für mich überhaupt nicht relevant.“

An Selbstbewusstsein mangelt es also nicht. Den Elan vom Sieg gegen Dortmund, als es zur Pause bereits 5:0 stand, „müssen wir mitnehmen“, forderte Arjen Robben. Den Respekt vor dem FC Sevilla, der erstmals im Viertelfinale der Champions League steht, im Hinspiel allerdings auf seinen gesperrten Schlüsselspieler Ever Banega verzichten muss, mindert das nicht. „Wir wissen“, beteuerte Hummels, „wie gut die sind.“

Und sie wissen beim FC Bayern auch, dass alles Bisherige nur Vorgeplänkel war – auch das 6:0 gegen Dortmund. „Jetzt beginnen die Wochen, wofür man die ganzen Vorbereitungen absolviert hat“, sagte Müller und betonte: „Im April geht’s um alles.“ Im Mai geht’s sonst um nichts mehr. (Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:

Sevilla:Rico – Mercado, Kjaer, Lenglet, Escudero – N’Zonzi, Pizarro – Navas, Vazquez, Correa – Muriel

München: Ulreich – Kimmich, Boateng, Hummels, Alaba – Martinez – Robben, Müller, James, Ribery – Lewandowski

Schiedsrichter: Daniele Orsato (Italien) (sid)

Das Spiel wird ab 20.45Uhr live auf ZDF übertragen.