Ein Plädoyer für den Provinzfußball

Das Interesse am Derby in Amel (gegen Raeren-Eynatten) war hoch. | David Hagemann

Zugegeben, die Sommerpause war recht kurz. Die Fußball-WM ist kein Monat her, da rollt schon wieder der Ball im Provinzfußball. In höheren Divisionen ist es sogar noch schlimmer. Seit zwei Wochen heißt es für den ranghöchsten ostbelgischen Klub in der 1. Division, Punkte gegen den drohenden Abstieg zu erkämpfen.

Wenn die internationalen Ligen begonnen haben, ist der Leidtragende wieder der Provinzfußball.

Bald ist es erneut soweit, dass neben der 2. auch die 1.Bundesliga mit den vielen bei Ostbelgiern so beliebten Klubs wie Bayern, Dortmund, Schalke, Gladbach und Co., die Premier League mit den zahlreichen Nationalspielern um Kevin De Bruyne und Eden Hazard, die Seria A mit ihrem neuen Superstar Cristiano Ronaldo oder die spanische La Liga mit Lionel Messi und Co. starten. Dann heißt es wieder auf allen Kanälen: Fußball pur.

Der Leidtragende ist in erster Linie der Provinzfußball. Es ist doch viel bequemer, zu Hause auf dem Sofa zu liegen, vielleicht mit einem alkoholischen Kaltgetränk in der einen und Kartoffelchips in der anderen Hand, und sich Fußball der Spitzenklasse im Pantoffelkino anzuschauen. Die Anstoßzeiten in den internationalen und nationalen Ligen machen es am Sonntagnachmittag noch schwerer, die Attraktivität des Regionalfußballs zu stärken. Viele fahren lieber zum Gladbacher Nordpark oder ins Lütticher Sclessin-Viertel, als eine ostbelgische Fußballanlage zu besuchen – wo es vielleicht noch nicht einmal eine überdachte Tribüne gibt, die in den Herbst- und Wintermonaten vor eisigem Wind und peitschendem Regen schützt.

Dabei hat der Regionalfußball, der mittlerweile übrigens immer mehr auf Eigengewächse statt auf Transferspieler setzt, so viel zu bieten. Wo, wenn nicht hier, kann man so nah am Spielgeschehen sein. Wo, wenn nicht hier, kann man so schnell partizipieren statt als Kunde vom großen Profiverein gemolken zu werden. Und wo, wenn nicht hier, ist der Zusammenhalt der Ortschaft so präsent. Dem Kapitän der lokalen Fußballmannschaft noch morgens in der Bäckerei viel Glück fürs Spiel mit auf den Weg geben? Im Provinzfußball möglich.

In der 1. Provinzklasse warten in dieser Saison auf die Fans gleich sechs DG-Derbys.

Und wenn wir uns zumindest die oberen Spielklassen (also die 1. und 2. Provinzklasse) anschauen, ist das spielerische Niveau sicherlich nicht zu verachten. Was die technischen Fähigkeiten und die Schnelligkeit des Spiels anbelangt, geht es in der P1 schon richtig zur Sache. Und hier gibt es in dieser Spielzeit dank der Rückkehr des KFC Weywertz sechs Derbys zu bestaunen. Am kommenden Sonntag gibt es zum Auftakt gleich die Begegnung zwischen dem RFC Raeren-Eynatten und dem KFC Amel. Wenn das nicht zum Spielbesuch einlädt?! Doch auch in den weiteren Provinzklassen bis hinunter zur 4. Provinzklasse G stiehlt die Visite einer Begegnung nicht wertvolle Lebenszeit.

Sei es, um für kleines Geld einen spektakulären Spielverlauf – vielleicht ein 4:4-Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit –, die glückliche Eroberung der Tabellenspitze oder die tiefe Trauer nach dem Abrutschen auf einen Abstiegsplatz mitzuerleben oder einfach nur mit Gleichgesinnten über den linken Verteidiger zu fachsimpeln, der wohl am Morgen mit dem falschen Bein aufgestanden ist oder wieder einmal die Nacht durchgezecht hat.

Aber ernsthaft: Der Provinzfußball hat neben dem Besucher- und Mitgliederschwund und (daraus resultierenden) sinkenden Einnahmen auch echte Sonnenseiten, die es zu schätzen gilt – trotz der zu kurzen Sommerpause.

In der Dienstagsausgabe des GrenzEcho erscheint die Beilage zur 1. Provinzklasse, in der mit dem KFC Amel, dem RFC Raeren-Eynatten und dem KFC Weywertz in diesem Jahr gleich drei Mannschaften aus der DG um Punkte und Platzierungen kämpfen. Lesen Sie interessante Analysen zu den einzelnen Vereinen, Interviews mit den Trainern und studieren Sie den Spielplan. Am Mittwoch erscheint die Beilage zur 2. Provinzklasse C, am Donnerstag zur 3. Provinzklasse D und am Freitag zur 4. Provinzklasse G. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!