Razzia in der Liga: Leko muss in Zelle nächtigen, Bayat wird Donnerstag verhört

Wurden alle am Mittwoch als Verdächtige in Untersuchungshaft genommen: (v.l.n.r.) Schiedsrichter Sebastien Delferiere, Herman van Holsbeeck, ehemaliger Manager vom RSC Anderlecht, Schiedsrichter Bart Vertenten sowie Brügge-Chefcoach Ivan Leko. | Photo News / Collage GrenzEcho



Belgiens Fußball wird von einem Korruptionsskandal ungeahnten Ausmaßes erschüttert. Am Vormittag nahm die Polizei prominente Protagonisten der Jupiler Pro League fest. Darunter auch Ivan Leko, Trainer von Landesmeister FC Brügge, sowie die bekannten Spielerberater Dejan Veljkovic und Mogi Bayat. Bayat, der wohl bekannteste Spielervermittler des Landes, soll der „Strippenzieher“ der kriminellen Machenschaften sein. Es geht um Steuerbetrug, Geldwäsche und Spielmanipulationen im großen Stil.

Zudem wurden auch diverse Erstliga-Schiedsrichter, darunter die beiden FIFA-Referees Sebastien Delferière und Bart Vertenten, in Gewahrsam genommen. Auch der ehemalige Anderlecht-Manager Herman Van Holsbeeck sowie der Spieleragent Christophe Henrotay wurden abgeführt.

Die Förderale Staatsanwaltschaft teilte am Mittwochabend mit, dass alle verhafteten Personen als Verdächtige und nicht als Zeugen verhört werden.

Gegen 21.15 Uhr ließ der Anwalt von Ivan Leko, Walter Van Steenbrugge, verkünden, dass er seinen Mandanten „bald wieder auf dem Fußballplatz sehen wird“. „Herr Leko hat das Verhör sehr gut gemeistert“, so Van Steenbrugge in einer ersten Reaktion. Die Nacht musste der Coach von Club Brügge in einer Gefängniszelle verbringen und wird am Donnerstag dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Nach Hause entlassen wurde indes Herman Van Holsbeeck, der  beim Verlassen des Hasselter Gerichtsgebäudes einen entspannten Eindruck machte.

Der angebliche „Strippenzieher“, Mogi Bayat, und sein Kollege Dejan Veljkovic wurden Mittwoch nicht mehr verhört, sondern müssen sich der Prozedur Donnerstag unterziehen.

„Spielabsprachen untergraben die Integrität des Sports.“

Die von der Justiz großangelegte Razzia, bei der 44 Durchsuchungen im ganzen Land durchgeführt wurden und zahlreiches Beweismaterial sichergestellt wurde, hatte auch die Räumlichkeiten von zehn Erstligaklubs betroffen. Dazu zählten der FC Brügge, Rekordmeister RSC Anderlecht, Standard Lüttich und Royal Antwerpen. Das Gelände der AS Eupen wurde indes nicht von Beamten aufgesucht. Das bestätigte der ostbelgische Erstdivisionär dem GrenzEcho auf Nachfrage.

Insgesamt waren 184 Polizisten in Belgien und 36 Beamte im Ausland an den Durchsuchungen beteiligt.

Justizminister Koen Geens (CD&V) äußerte sich nach Bekanntwerden der Polizeiaktion besorgt: „Spielabsprachen untergraben die Integrität des Sports. Die Justiz arbeitet an einem fairen Sport.“ Der Politiker verwies darauf, dass die eingeleiteten Maßnahmen im Kampf gegen die Korruption im Sport gegriffen hätten.

Der flämische Sportminister Philippe Muyters fordert via Twitter „volle Transparenz und Kooperation“ von den Klubs bei den Ermittlungen. Die vielen sauberen Sportler und die Anhänger hätten das Recht auf einen ehrlichen Sport.

Brügges Präsident Bart Verhaeghe sagte der Polizei die volle Unterstützung seines Klubs zu. Er glaubt an die Unschuld seines Trainers Leko, der mit Veljkovic befreundet sein soll, und geht von einem großen Missverständnis aus: „Die Untersuchungen werden zeigen, dass bei uns alles sauber ist. Zudem schützen wir unseren Trainer Ivan Leko, dem nichts vorzuwerfen ist.“

Die Kriminalpolizei Limburg hatte mit Unterstützung der Föderale Kriminalpolizei von Antwerpen, Löwen, Wallonisch-Brabant, Brüssel, Halle-Vilvoorde, Ost- und Westflandern, Lüttich sowie Mons am frühen Mittwochmorgen mit ihren Durchsuchungen begonnen, die im Laufe des Tages anhielten.

Vorausgegangen waren monatelange Ermittlungen. Ende 2017 hatte die Abteilung Sportbetrug der Förderalen Polizei Hinweise auf verdächtige finanzielle Transaktionen in Liga eins erhalten und war denen auf den Grund gegangen. Nach aktuellem Kenntnisstand sind einige Spiele der Saison 2017/18 von einer kriminellen Vereinigung „verschoben“ worden. Auch ein ehemaliger Anwalt und zwei Journalisten seien verhört worden, berichten übereinstimmend belgische Medien.

Der VC Westerlo brachte den Stein ins Rollen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen war demnach eine Klage des VC Westerlo, der Ende der Saison 2016/17 abstieg. Vereinsvorsitzender Herman Wynants war der Überzeugung, dass am letzten Spieltag in der Partie Kortrijk-Mouscron nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Mouscron musste das Auswärtsspiel in Kortrijk gewinnen und tat das auch prompt. Zu diesem Zeitpunkt, so Wynants, habe Mogi Bayat „Schützlinge“ sowohl bei Kortrijk wie bei Mouscron gehabt.

Zudem hätten nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft vergangene Spielzeit bestimmte Spielervermittler unabhängig voneinander Transaktionen durchgeführt, um so dem Finanzamt Einnahmen aus Provisionen in Bezug auf Spielertransfers, Spieler- und Trainergehälter und andere Zahlungen vorzuenthalten. In diesem Zusammenhang gab es auch Ermittlungen in 13 anderen Ländern, insbesondere in Frankreich, Luxemburg, Zypern, Montenegro, Serbien und Mazedonien. (sid/belga/calü)

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