Fernando, der Fußgänger

Fernando Alonso hatte schon vor dem Rennen innerlich mit dem Großen Preis von Russland abgeschlossen. | afp

Die Sonne brannte über Fernando Alonso, als er zu Fuß den nächsten Tiefpunkt seiner stolzen Karriere erreichte: Großer Preis von Russland in Sotschi, die Einführungsrunde lief. Noch vor dem Rennstart verweigerte der Honda-Antrieb in Alonsos McLaren den Dienst, mal wieder. Der zweimalige Weltmeister musste das Auto stehen lassen, mit dem Helm auf dem Kopf schlenderte er zurück in die Box.

„Das ist traurig“, sagte der Spanier anschließend, „wir können noch nicht einmal teilnehmen. Aber was soll ich tun, es liegt nichht in meiner Hand.“ Wut oder Enttäuschung waren dabei kaum zu erkennen – Alonso scheint angesichts der Aussichtslosigkeit seines Projektes bei McLaren längst zu resignieren. Der zweimalige Weltmeister gönnt sich deshalb demnächst eine kleine Auszeit von der Formel 1: Wenn die Kollegen am 28. Mai in Monaco fahren, startet Alonso bei den legendären 500 Meilen von Indianapolis. „Weil ich ja hier nichts zu tun hatte, habe ich schon versucht, einen früheren Heimflug zu kriegen“, scherzte er in Sotschi: „Aber das hat nicht geklappt, deshalb habe ich mir ein Eis geholt und mir in Ruhe das Rennen angeschaut.“

In keinem der vorherigen drei Saisonläufe hatte der 35-Jährige die Zielflagge gesehen, in Sotschi sah er nun nicht einmal die Startampel. Die Diagnose dieses Mal: Das Energierückgewinnungs-System des Honda-Antriebs streikte, das Problem lag also erneut beim japanischen Motorenpartner des Traditionsrennstalls.

Auch im dritten gemeinsamen Jahr in der Formel 1 ist die Power Unit völlig unzuverlässig, und selbst, wenn sie läuft, ist sie nicht konkurrenzfähig. Mercedes, Ferrari und Renault sind unerreichbar. Nur 15. wurde Alonso in der Qualifikation von Russland, 3,5 Sekunden trennten ihn von Pole-Setter Sebastian Vettel im Ferrari. „Unglaublich“, sagte Alonso am Samstag angesichts der Chancenlosigkeit im Qualifying noch im Boxenfunk, und wenig später führte er aus: „Es ist unglaublich, wie viel Zeit wir auf den Geraden verlieren.“ Teamchef Eric Bouillier hat Verständnis für seinen prominenten Chefpiloten. „Es ist jedes Wochenende dasselbe, das ermüdet und frustriert“, sagte der Franzose.

Alonso hatte unterdessen schon vor dem Rennen innerlich mit dem Großen Preis von Russland abgeschlossen. Was er in Sotschi erwarte, wurde er gefragt. „Mehr oder weniger das, was wir in Australien, China und Bahrain gesehen haben. Und das Gleiche, was wir in Spanien, Monaco und Kanada sehen werden“, meinte Alonso: „Bei jedem Rennen stehe ich vor der Presse und versuche, so höflich wie möglich zu antworten. Aber langsam wird es eintönig.“

Dass Alonso noch immer in der Lage wäre, dem Rennstall viel zu geben, zeigt der Vergleich mit seinem jungen Teamkollegen. Im Qualifying von Sotschi distanzierte er Stoffel Vandoorne um sieben Zehntelsekunden. „Ich denke, ich kann noch immer an meine Leistungsgrenze gehen“, sagte Alonso. Der Flame schaffte es jedoch im Rennen ins Ziel, wurde 14. „Das war mehr oder weniger das Maximale, was ich erreichen konnte“, so Vandoorne nach dem Rennen. (sid/mv)