Der WM-Kampf 2018 hat schon begonnen

Platz zwei in der Fahrerwertung absichern? Das interessiert Sebastian Vettel nur am Rande. Für den viermaligen Formel-1-Weltmeister hat die Jagd auf den Titel 2018 längst begonnen. Der „schwarze Herbst“ für Ferrari und die unnötig verlorene Weltmeisterschaft haben beim Deutschen neue Motivation für das Saisonfinale geweckt.

„Wir haben einen unglaublichen Schritt gemacht und wissen, was wir weiter zu tun haben“, sagte Vettel am Medientag vor dem Großen Preis von Abu Dhabi (Sonntag, 14 Uhr) und fügte halb im Scherz, halb drohend hinzu: „Wenn wir nochmal so einen Schritt machen, wird es ein Spaziergang.“

Schon nach seinem Sieg in Brasilien Mitte des Monats hatte er vollmundig angekündigt: „Wir kommen nächstes Jahr zurück, um die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Ferrari muss dominieren. Das ist unser Ziel.“

Ferrari und nicht zuletzt Red Bull schüren Hoffnungen auf einen Dreikampf.

Die notwendigen drei Punkte zu holen, um Mercedes-Pilot Valtteri Bottas (Finnland) im Rennen um die Vizeweltmeisterschaft aus eigener Kraft hinter sich zu lassen, sind für Vettel da nur eine Selbstverständlichkeit: „Ich bin hier, um zu gewinnen.“

Dass Nachlassen nicht Vettels Sache ist, hat sich in der zu Ende gehenden Saison auch unter widrigsten Umständen gezeigt. Selbst als ihm im Herbst binnen vier Wochen die Titelchance zwischen den Fingern zerrann, blieb der 30-Jährige kämpferisch. „Natürlich war mir klar, wie es in Sachen Zahlen aussieht“, sagte Vettel dem Magazin Focus mit Blick auf den Startunfall in Singapur sowie die unerklärlichen Technik-Probleme in Malaysia und Japan. Aber: „Ich bin in einem Umfeld groß geworden, das sehr lösungsorientiert ist und immer nach vorne schaut.“

Aus diesem Grund wäre ein sechster Saisonsieg – mehr errang für die Scuderia zuletzt 2006 ein gewisser Michael Schumacher – nicht bloß Seelenbalsam. Vettel könnte damit auch seinen Dauerrivalen Lewis Hamilton über den Winter zum Grübeln bringen.

Der Mercedes-Star strotzt nach seinem vierten Titelgewinn zwar vor Selbstvertrauen, doch Hamilton offenbarte vor zwei Wochen im Qualifying von Brasilien mit seinem Unfall schon einmal unerwartete Schwächen, nachdem die WM-Mission erfüllt war.

Auch 2015 hatte der über die Maßen talentierte Brite nach dem vorzeitigen Titelgewinn ein wenig den Fokus verloren. „Die letzten fünf bis zehn Prozent“ habe er seinerzeit nicht mehr investiert, räumte Hamilton später ein. Sein am Boden liegender Teamrivale Nico Rosberg feierte zum Saisonabschluss deswegen drei relativ leichte Siege, nahm viel Selbstvertrauen mit ins Jahr 2016 – und gewann dann auch dank vier Erfolgen zum Saisonauftakt den ersehnten Titel.

So sehr will sich Hamilton nicht noch einmal aus dem Tritt bringen lassen. Das sollte er auch nicht, damit Mercedes-Teamaufsichtsrat Niki Lauda sein jüngst gefälltes Urteil („bester Hamilton aller Zeiten“) nicht revidieren muss.

Denn Fehler kann sich Mercedes kaum leisten. Die Silberpfeile sind trotz der radikalen Aerodynamik-Reform zum Jahreswechsel die Nummer eins geblieben. Das verdient höchsten Respekt, doch die Konkurrenz hat aufgeholt: Mercedes hat dieses Jahr bei acht Rennen nicht gewonnen – genauso viele wie in den Jahren 2014 bis 2016 zusammen.

Ferrari mit bislang fünf Vettel-Siegen und nicht zuletzt auch Red Bull mit drei Saisonerfolgen schüren Hoffnungen auf einen Dreikampf im kommenden Jahr zwischen den viermaligen Weltmeistern Vettel (30/47 Siege) und Hamilton (32/62 Siege) sowie Youngster Max Verstappen (20/3 Siege). Wer an Vorzeichen glaubt: Der Abu-Dhabi-Sieger der letzten drei Jahre wurde in der folgenden Saison Weltmeister. (sid)