Der Segel-„Pitbull“ kläfft, die „Kiwis“ bleiben cool


Jimmy Spithill fühlt sich wie ein großer, grimmiger Adler. Er drängt den kleinen, erschrockenen Kiwi in die Ecke und packt schließlich entschlossen zu – zumindest in dem provokativen Cartoon, den der Skipper von Oracle USA kurz vor dem Final-Duell des America’s Cup gegen seinen Erzrivalen Neuseeland postete. Spithill, Australier und ein Meister der Psychospielchen, ist voll in seinem Element.

„Sicher ist Jimmy bissig. Aber wir müssen erst sehen, ob er auch etwas zu beißen kriegt“, sagte Sky-Experte Jochen Schümann dem SID mit Blick auf die Auftaktrennen um die älteste Sporttrophäe der Welt am Samstag vor Bermuda (19 Uhr). Der Ausgang sei „schwer abzuschätzen, es dürfte eng werden“.

Der Cartoon mit dem Adler hatte etliche Kiwi-Fans mal wieder auf die Palme gebracht. Neuseeländische Medien schrieben von einer „frechen Provokation“. Spithills Kontrahent Peter Burling, mit 26 Jahren neun Lenze jünger, lässt sich aber bislang nicht vom enormen Getöse beeindrucken. „Wir sind ziemlich heiß darauf, den Cup nach Neuseeland zu bringen“, wiederholt er stoisch den Auftrag, den ihm eine ganze Segelnation vier Jahre nach der Schmach von San Francisco mit ins Gepäck gesteckt hat.

Die Wunde der 8:9-Niederlage nach 8:1-Führung schmerzt die Neuseeländer noch heute. „Das war außergewöhnlich brutal. Ich glaube nicht, dass man darüber hinwegkommt“, sagte Team-Vorstandsboss Grant Dalton. Ein Triumph in diesem Sommer würde zumindest für etwas Linderung sorgen. Sieben Siege sind dafür notwendig, die USA starten als Gewinner der ersten Runde mit einem Bonuspunkt.

Doch die Hoffnungen der Herausforderer sind riesig. Bisher geht Rio-Olympiasieger Burling mit den großen Erwartungen beeindruckend cool um und bewies während der Qualifikations-Rennen eine schnelle Lernfähigkeit. Er verbesserte insbesondere seine Starts mit dem 15 Meter langen Katamaran, der zeitweise mehr als 80 Stundenkilometer schnell über das türkisfarbene Meer fliegt. Seine Hightech-Yacht, die eine innovative Bahnrad-Technik nutzt, ist schnell.

Auch Schümann ist von Burlings Vorstellungen durchaus beeindruckt. „Technisch segelt Burling auf einem Niveau mit Spithill, vielleicht ist er sogar einen Tick besser“, sagte der zweimalige Cup-Champion: „Von der Cleverness her könnte Spithill etwas überlegen sein. Es ist die Frage, ob er dazu kommt, seine Tricks anzuwenden.“ Die Amerikaner, unterstützt von Milliardär Larry Ellison, gehen als leichter Favorit in die Regatta.

Spithill ist wild entschlossen, sich mit dem dritten Sieg hintereinander einen noch größeren Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern. Kein anderer Skipper stemmte bislang bei drei aufeinanderfolgenden Cups die legendäre Silberkanne in die Höhe, die 1848 vom Londoner Juwelier R. & G. Garrard geschaffen wurde. Für sein großes Ziel legt sich der „Pitbull“ nur allzu gerne mit einer ganzen Segelnation an.

(sid)