„Berlin und Glasgow sind Pioniere“

In Berlin werden die Leichtathletik-Wettkämpfe ausgetragen. | dpa

Marc Jörg hatte gemeinsam mit Geschäftspartner Paul Bristow die Idee einer Multisport-EM, zusammen gründeten sie das European Championships Management. Der Schweizer, früher Marketingdirektor der UEFA, erzählt im Interview, wie aus der Idee ein Großevent wurde, das in Berlin und Glasgow (2. bis 12. August) seine Premiere feiert.

Wie geht es Ihnen so kurz vor dem Startschuss?

Es ist eine Mischung aus Hoffen und Bangen. Es wird noch bis zur letzten Minute daran gearbeitet, dass alles möglichst perfekt läuft. Wir glauben aber alle fest daran, dass das Projekt einen Mehrwert für die Sportarten haben wird.

Wie kam es zu der Idee?

Paul Bristow und ich stehen geschäftlich schon viele Jahre in Kontakt, vor allem durch verschiedene Arbeitsbereiche im Sport. Als der Fußball begann, immer stärker zu werden, haben wir zusammen diskutiert, wie man eine drohende Monokultur zugunsten einer größeren Vielfältigkeit beeinflussen könnte. Da kam uns der Gedanke, dass sich die einzelnen Sportarten am besten gemeinsam stark positionieren können. Dieser Gedanke ließ uns nicht mehr los. Ab 2011 haben wir dann neben unserem eigentlichen Job das Konzept entwickelt und haben es den einzelnen Verbandspräsidenten vorgestellt.

Wie fielen die ersten Reaktionen aus?

Viele sagten: Das ist eine sehr gute Idee, aber sie ist sehr schwer umsetzbar. Dann fragten wir: Was braucht es denn, damit es umsetzbar ist? Und sie sagten, wir müssten Austragungsstädte finden, Medienpartner, und das Ganze darf das bestehende System ihrer Europameisterschaften nicht beeinträchtigen. 2015 konnten wir notwendigen Kriterien erfüllen.

Was war das größte Problem?

Es gibt keine Organisation, die alleine das Sagen hat. Das System basiert also auf Konsens, und den zu erreichen, war manchmal eine große Herausforderung. So mussten beispielsweise für alle machbare Daten gefunden und ein für alle zufriedenstellendes Programm zusammengestellt werden. Medienverträge und Sponsorenrechte mussten harmonisiert und ein gemeinsames Brandingkonzept erarbeitet und umgesetzt werden. Wir haben es aber immer wieder alle gemeinsam geschafft, weil alle Partner an den Mehrwert glauben und viel guten Willen gezeigt haben.

Wie kam die Auswahl der sieben Sportarten zustande?

Es war ein Mix aus Medieninteresse, Infrastruktur und Einbettung ins Programm. Wir haben auch Teamsportarten wie Handball, Basketball und Volleyball im Blick gehabt, aber da war es unter anderem wegen des Ligabetriebs und bestehender Medienverträge schwierig.

Es verwirrt, dass es zwei Ausrichterstädte in zwei verschiedenen Ländern gibt.

Jörg: „Als absehbar war, dass Berlin die Leichtathletik-EM bekommen würde, haben wir mit der Stadt natürlich auch über die anderen Sportarten gesprochen. Hier gab es aber einige organisatorische Hürden. Da hat Glasgow den Finger gehoben und gesagt, man könne sich das sehr gut im Verbund mit Berlin vorstellen. Berlin und Glasgow sind jetzt die Pioniere, ich kann ihnen für ihren Mut zur Innovation nur danken.“

Dennoch gibt es Parallelen zu Olympia und den Europaspielen. Wo wollen sich die European Championships positionieren?

Ich würde mir nie anmaßen zu sagen, die European Championships sind ein Olympia für Europa. Es gibt auch deutliche Unterschiede, zum Beispiel haben wir gar nicht den Anspruch, alle Sportarten zu integrieren. Wenn wir es schaffen, für die jetzigen Sportarten durch den Zusammenschluss ihrer Europameisterschaften ein größeres Interesse hervorzurufen, dann haben wir unser erstes Ziel erreicht. Aber die Idee wird auch danach weiterentwickelt. Ich gehe auch fest davon aus, dass die Sportarten alle an Bord bleiben.

Wo findet 2022 die zweite Auflage statt?

Es gibt Städte, die schon jetzt Interesse haben, und Städte, die sich die Premiere erst noch angucken wollen. Wir werden bald Gespräche führen.