Wenn die Lore leer ist



„Wir wollen ein wenig pieken“, sagt Eric Schmetz von den Göhlprame und deutet auf den Wagen des Vereins: Bürgermeister Louis Goebbels schiebt eine leere Lore aus einem Bergwerk. Die Karnevalisten nehmen die ihrer Meinung nach zu zurückhaltende Haltung in Bezug auf die Wiederaufnahme des Bergbaus in der Galmeistadt aufs Korn. Dem Wagen folgen Vampire. „Das Thema Bergbau kam zu spät, da waren die Kostüme schon bestellt“, sagt Schmetz.

Überhaupt, alle Wagen können sich sehen lassen. Während im großen Aachen die Karnevalswagen höchstens einmal einen neuen Anstrich bekommen, ist man an der Göhl kreativer. Es sind die Ehrenamtler, die dafür sorgen, dass jeder Rosenmontagszug in Kelmis besonders wird.

Die KKG Hergenrath 1927 hat sich für ihren Wagen ein besonderes Motto gewählt, den Karneval in Mexiko. Im Land der Kakteen gehen Karneval und Tod eine interessante Allianz ein. Die Toten kommen an Karneval zurück und feiern mit den Lebenden.

Andere haben sich Themen wie den Rock ’n‘ Roll, das Militär oder auch die wilde Zeit der 68er auf die Fahnen geschrieben und gehen mit der runden Brille dieser Zeit und der damaligen schrillbunten Alltagskleidung in den Karneval.

Auch die Steinzeit, die Antarktis mit vielen Pinguinen und einem Eisberg hinter dem Trecker ist Thema. Eine Steinzeitfrau kommt mit wilder Drohgeste auf den Fotografen zu und ruft „Alaaf!“.

Auf manchem Wagen ist Party angesagt. Die Stimmungshits der Session dröhnen aus Lautsprechern. Harmonien aus Hombourg und Sint Maartens Voeren spielen Karnevalshits und Jazztitel. Unzählige Elvisse mit Girls im Pettycoat rock ‚n‘ rollen durch den Zug. Dennoch, es fällt schwer, genug Ehrenamtliche zu finden, die sich für den Wagenbau interessieren und bereit sind, dafür Zeit zu opfern. „Karneval wird immer mehr zur Party“, kritisiert ein Karnevalist. Aber noch gibt es die Menschen, die für ihren Karneval leben und etwas auf die Beine stellen können und wollen. Denn Karneval lebt vom Mitmachen.

An den Rändern stehen tausende Narren, die darauf achten, dass auch jeder etwas sieht und natürlich auch etwas von dem recht hochwertigen Wurfmaterial bekommt. Ganze leckere Würste und Spielzeug werfen Prinz Kroll, die Kinderprinzen Nevio und Noé sowie die Prinzen und Kinderprinzen aus dem Umland, die auf dem Zug mitfahren. Die Stimmung ist friedlich, freundlich und fröhlich. Keine Prügelei um die Kamellen, jeder, der will, kann mit voller Tüte nach Hause gehen.

Auch der Wettergott ist ein Kelmiser. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und kein Regentropfen trübt die Stimmung der Feiernden.

Während auf der Lütticher Straße der Zug noch läuft, ist es in den Zelten auf dem Kirchplatz noch ruhig. Im Gemeindezelt warten Politiker und Karnevalisten auf Prinz Kroll und machen es sich bei Berlinern und Bierchen gemütlich. Auch in den anderen Zelten finden sich mehr und mehr Leute ein. An der Fritüre ist eine lange Schlange von Menschen, die vom Kamellesammeln hungrig geworden sind.

Endlich ist er da: Prinz Kroll I. betritt mit Gefolge seine Bühne. Die Harmonien nehmen Aufstellung und auch die Tänzer lassen es sich nicht nehmen, der Tollität und seinen Pagen etwas darzubieten.

Doch auch der schönste Rosenmontag hat ein Ende – und das geschieht in Kelmis traditionell mit der Verbrennung des „Küsch“. Am frühen Abend verbrennen die Kelmiser Narren ihre begangenen Sünden in Gestalt eines Schweines aus Stroh und Papier, denn nach Karneval beginnt die Fastenzeit.grenzecho.net/fotos