Calkiní: Zwischen herumlaufenden Hühnern und modernem Theater


Am Dienstagabend (Ortszeit) hatten die Walhorner Tänzerinnen und Tänzer eine Aufführung in Calkiní, eine Stunde von Campeche entfernt. Dort steht eines der modernsten Theater Mexikos. Vor der Aufführung war ihnen und auch ihren mexikanischen Austauschschülern in der Stadt der  große Unterschied zwischen arm und reich aufgefallen. Denn das Theater befindet sich in einem Armenviertel.

Die Eindrücke der Jugendlichen sind in diesem Blog-Eintrag fett und kursiv markiert.

Am Dienstagvormittag wurden die  Tänzerinnen und Tänzer des Tanzzentrums „Bewegung & Tanz“ aus Walhorn und der „Escuela Superior de Danza Ana Rosa Caceres des Baqueiro“ aus Campeche vom Bürgermeister und dem Kultur- und Sportschöffen der Stadt Calkiní empfangen. Die Wärme und Herzlichkeit, mit der wir empfangen wurden, war sofort spürbar. In den Reden spiegelte sich unsere Intention des Austauschs deutlich wieder: „Ein kultureller Austausch ist zweifellos eine großartige Lernerfahrung. Das ist ein Erlebnis sowohl für den Besucher als auch für den Gastgeber. Heute leben wir immer noch in einer Welt der Grenzen. Nicht nur geopolitische Grenzen, sondern auch soziale Phänomene, wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, begrenzen die Menschheit. Ein kultureller Austausch erlaubt angenehme Momente der Erholung, Unterhaltung und hat eine große Bedeutung für soziale Integration“, so Jose Emiliano Canul Ake, Bürgermeister von Calkiní. Bei diesem Empfang waren José Alfredo Briseno Huchin, Schöffe für Schulen, Sport und Kultur, und seine Assistentin Judith Dáger Garcia dabei.

Marie Gawehn: Ich fand es bewundernswert, wie die Menschen in Calkiní leben und Hüte, Taschen oder Schlüsselanhänger aus Stroh selber machen. Alle Menschen haben uns sehr herzlich empfangen. Überall liefen Hühner frei herum und die Dächer der Häuser waren aus Stroh. Die Kirche war eigentlich wie bei uns, nur dass dort bunte Fähnchen hingen. Der Mann, der auf die Kirche aufpasst, ist der Nachfolger seines Vaters.

Um die Mittagszeit wurde der Besuch an einem ganz besonderen Ort fortgesetzt, der Santa Cruz Ex. Hacienda. Das ist ein kleines Dorf mit einer ehemaligen Hacienda, einem Dorfplatz aus Rasen mit Kirche. Hier stehen viele kleine Hütten, die mit Palmdächern bedeckt sind.

Sowohl die belgischen als auch für viele der mexikanischen Jugendlichen besichtigten zum ersten Mal ein solches Dorf. Zunächst gab es eine Führung über die ehemalige Hacienda. In dem leicht baufälligen Gebäude befindet sich heute das Rathaus.

Emily Genius: Wir haben in Santa Cruz Ex. Hacienda einige Menschen zu Hause besuchen dürfen. Wir haben gesehen, wie es in ihren Häusern aussieht, wie die Menschen dort Hüte produzieren und diese dann verkaufen und Tiere halten. Das Leben dort unterscheidet sich sehr von dem unserer Austauschschwestern und auch von unserem und es war eine wichtige Erfahrung, das zu sehen! Die Menschen dort sind alle sehr, sehr freundlich und wir sind sehr dankbar dafür, dass sie uns in ihre Leben haben schauen lassen!

Auch heute werden im Dorf noch traditionelle Hüte hergestellt. Der Arbeitsplatz eines Hutflechters befindet sich entweder in Lehmhütten mit Palmdächern oder in ausgehobenen Erdlöchern, die ebenfalls mit Palmblättern überdacht sind. Dies ist notwendig, um ausreichend Feuchtigkeit für das Hutmaterial zu erhalten.

Die aus ländlicher Umgebung kommenden belgischen Schüler hatten wenig Probleme mit den herumlaufenden Truthähnen und dem Kuhgeruch im Dorf. Jedoch für die mexikanischen Schüler, die alle aus der Stadt stammen, war der Ausflug ein neues Erlebnis in ihrem eigenen Land. Wieder einmal konnten wir schön beobachten, dass Kulturaustausch auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur beinhaltet.

Oliver Hirschfeld: Die Leute waren sehr aufmerksam und haben sich viel Mühe gegeben, um uns so gut wie möglich zu empfangen. Nachdem wir Santa Cruz Ex. Hacienda besichtigt hatten, sind wir zuerst zum örtlichen Kloster gefahren und haben dort einen vierstöckigen, mit Gold verzierten Altar gesehen, der zu einer der wichtigsten der Halbinsel Yucatán gehört. Danach sind wir zum Kulturzentrum gegangen, wo wir in einem toll eingedeckten Raum zu Mittag gegessen haben. Während des Mittagessens wurde eine Choreografie von regionaler Folklore extra für uns aufgeführt. Die Tänzer und Tänzerinnen waren von allen Altersklassen. Ich schätze, die Jüngsten waren circa sieben und die Ältesten circa 19 Jahre alt. Die Folklore war ziemlich beeindruckend, da alle Tänzer uns sowohl mit Technik als auch mit Ausdruck  einen positiven Einblick in die Folklore von Calkiní geben konnten.  

Am Nachmittag waren alle zu einem gemeinsamen Essen im Kulturhaus in Calkiní eingeladen. Zu unserer großen Überraschung tanzte das Folklore-Ballett-Calkiní extra zu Ehren der belgischen Gäste.

Voller Hochachtung vor den europäischen Besuchern wurden wir im Kulturhaus aufgenommen. Ein  traditionelles mexikanisches Essen mit Vorspeise, Hauptgang und Nachtisch wurde gereicht. Und das Plakat mit der Aufschrift „Intercambio Cultural Lontzen, Belgica / Campeche, Mexiko“ [Kulturaustausch Lontzen, Belgien/Campeche, Mexiko, A.d.Red.] war unübersehbar platziert.

Alice Gerkens: Ich fand die Leute sehr nett und wir wurden von ihnen sehr gut empfangen. Die Kinder haben für uns super gut getanzt und wir waren sehr begeistert. Man hat auch für uns gekocht, es gab Früchte als Vorspeise, Tortillas als Menü und dann noch ein Dessert. Als wir durch Calkiní spazieren waren, sah ich jedoch, dass es dort auch sehr arme Menschen gibt. Sie wohnen in sehr alten Häusern und verdienen ihr Geld, indem sie selbstgemachte Sachen verkaufen, wie zum Beispiel Hüte. Es gibt dort auch andere Berufe, doch die Leute bekommen wirklich nicht viel Geld für das, was sie leisten. Das hat mich besonders berührt, da es bei uns nicht einen SO GROßEN Unterschied zwischen Arm und Reich gibt wie hier in Mexiko, und dass die Leute trotzdem zum Beispiel für uns kochen.

Nach diesem schon vollkommenen Tag gab es im neuen Theater Calkinís den ersten gemeinsamen Auftritt in Mexiko. Gemeinsam mit dem Folklore-Ballett Calkinís traten die Schüler des Tanzzentrums „Bewegung & Tanz Lontzen“ und der „Escuela Superior de Danza Ana Rosa Caceres de Baqueiro“ am Abend vor 400 Zuschauern auf.

In der Begrüßungsrede wurde Belgien mit seiner Größe, Einwohnerzahl, den drei Sprachen, den landesspezifischen Kulturgütern und dem Königshaus detailliert vorgestellt. Zudem hatte man sich ausführlich über Lontzen und die DG informiert. Dieses Interesse an unserer Kultur und unserer Herkunft hat uns ganz tief in unseren Herzen berührt.

Das Jugend-Tanzensemble „Bewegung & Tanz“ zeigte ihre Dankbarkeit für diesen wunderschönen Tag mit einer hervorragenden Leistung bei der Präsentation der mitgebrachten Choreographien. Großen Anklang fand die eigens für den Austausch einstudierte Choreographie von Anna Edelhoff, Tanzzentrumsleiterin, zur europäischen Hymne „Ode an die Freude“ von Ludwig van Beethoven. Das Video dazu gibt es hier.

Durch diese Choreographie soll der europäische Friedensgedanke, der Austausch der Völker, die Toleranz anderen gegenüber und die Notwendigkeit der Pflege sozialer Gerechtigkeit in der Welt den Jugendlichen ein Stück näher gebracht werden.