Soll sich EU auf bestimmte Religion gründen?

„Auch ich bin überzeugt, dass das Abendland auf dem Christentum beruht, und sehe dem Versuch, dieses Erbe durch ein jederzeit verhandelbares kosmopolitisches Menschenrechtspathos zu ersetzen, skeptisch entgegen.“ So Prof. Dr. David Engels.

Keiner bestreitet, dass Europa durch die Jahrhunderte vom Christentum geprägt wurde. Aber folgt daraus, dass ein Staatenbund wie die EU sich auf eine bestimmte Religion gründen soll?

Wenn ja, dann müsste erst mal geklärt werden, welches Christentum denn gemeint ist, splittert es sich doch auf in eine Vielzahl von Glaubensrichtungen, die sich oft erbittert bekämpft haben, von A wie Anabaptisten bis Z wie Zeugen Jehovas.

Oder sollen wir nur die allgemeinen christlichen Werte nehmen, ohne uns in theologischen Spitzfindigkeiten zu verheddern? Der wichtigste Wert wäre sicher die vom Meister gepredigte Nächstenliebe. Wie es darum bestellt ist, hat die jüngste Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen gezeigt. Besonders die Visegrad-Staaten haben vorbildlich dem Barmherzigen Samariter nachgeeifert…

Nun gibt es aber seit der Französischen Revolution eine Tradition der universellen Menschen- und Bürgerrechte, die die Grundlage für die Europäische Deklaration gleichen Namens bilden. Diese Rechte, darunter die Religionsfreiheit, mussten erst gegen den erbitterten Widerstand gerade der Kirchen erkämpft werden.

„Jederzeit verhandelbares kosmopolitisches Menschenrechtspathos“, schreibt Herr Engels verächtlich. Nein, sondern grundlegende Rechte eines jeden Menschen, sei er Atheist, Christ oder Moslem, und jederzeit einklagbar vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg.