Morgen IV

Als „zarte, direkte und beeindruckend präzise gebaute Erzählung“ beschreibt Bernd Mand die Agora-Inszenierung „Die Geschichte eines langen Tages“. | Willi Filz



Dies ist die Geschichte eines langen Tages. Und sie beginnt sich rückwärts zu erzählen am nächsten Morgen. Mit den lauten Gesprächen am Abend, den Eindrücken der gemeinsam verbrachten Stunden, den Bildern aus den Stunden im Dunkel des Theaterraums. Und beim ersten Kaffee am Morgen beginnt sie mit Wachträume – Ein Panoptikum des Theater o.N. aus Berlin. Sie beginnt mit der Anstrengung, der Erschöpfung und dem langen Kampf des vergangenen Jahrhunderts. Sie beginnt mit harten Geschichten, leisen Bildern und einer eindrücklich beunruhigenden Düsternis.

Eine Collage aus biografischen Texten, literarischen Leihgaben und Märchen, die sich zu einer intensiv gebauten Ausstellung von Bildern und Figuren zusammensetzt, die den Zuschauer gehörig verwirrt und ins Schleudern bringt, allerdings nicht ohne ihn immer wieder einzufangen und sanft über den Handrücken zu streicheln. So als wollte sie einem sagen: du bist damit nicht allein. Wir sind alle nicht allein damit.

Das Damit spielt eine starke Rolle beim Theaterfest in diesem Jahr. Damit beschreibt die großen Missstände, die Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten dieser Welt. Damit beschreibt das eigene Unvermögen, die Ohnmacht und die Kraft, die unser Leben ausmacht. Damit beschreibt das Leben selbst.

Nicht alleine sind auch Iva und Avi in der Geschichte eines langen Tages vom Agora Theater. Nicht mehr alleine seit Plug in ihr wohl sortiertes und gut dosiertes Leben geplatzt ist. Nicht mehr alleine seit das Chaos, die leise Eifersucht – na, die Veränderung bei ihnen im Idyll eingezogen ist. Und nun muss mit der neuen dreiteiligen Gemeinsamkeit umgegangen werden. Es ist eine zarte, eine direkte und beeindruckend präzise gebaute Erzählung, die sich hier mit der gegenseitigen Verantwortung in einer Partnerschaft auseinandersetzt. Die Frage nach Berechtigungen, Besitz und auch Gewalt stellt. Und das in einer Bestimmtheit, die zutiefst bewegt.

Nicht alleine zu sein, damit nicht alleine zu sein fühlt sich gut an. Gerade wenn es als Versprechen formuliert ist. Eines von dem keiner weiß, ob es überhaupt gehalten werden kann. Eines dieser Versprechen, denen man gerne Glauben schenkt und deren Einlösung man stets erhofft, wenn auch nur selten einfordert. Ein Versprechen, das wenn oft genug gegeben, vielleicht zur Vereinbarung wird. Einer gemeinsamen Vereinbarung. Und das wäre doch mal ein guter Start. Ein Start einer hoffentlich guten Geschichte eines langen Tages.