Zugunglück: Ursache gibt Rätsel auf



Der Personenzug mit 84 Insassen entgleiste am Samstag kurz nach 13 Uhr aus bislang ungeklärtem Grund nur 500 Meter nach Verlassen des Bahnhofs von Löwen. Ein Waggon kippte dabei auf die Seite, nachdem er sich um 180 Grad gedreht hatte, die beiden übrigen blieben stehen. Die Ursachenforschung lief am Sonntag weiter, auch die komplizierten Aufräumarbeiten dauerten an. Der Bahnverkehr war das Wochenende über beeinträchtigt.

Zu dem Zeitpunkt des Unfalls hatte der Zug, der auf dem Weg nach dem Küstenort De Panne war, noch kein hohes Tempo aufgenommen. Einem Großteil der Passagiere gelang es, den Zug unverletzt zu verlassen. Die Verletzten wurden in drei verschiedene Krankenhäuser von Löwen und Tienen gebracht. Niemand erlitt schwere Verletzungen. Bis Sonntagabend hatten alle das Krankenhaus wieder verlassen. Wer unversehrt geblieben war, dem wurde in einem Auffangzentrum der Löwener Polizei professioneller Beistand angeboten.

Zunächst hatte es geheißen, das Todesopfer habe sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht an Bord des Zuges befunden, eine Person sei möglicherweise auf den Gleisen gewesen. Das wurde aber später revidiert. Wie der 21-Jährige letztlich unter den Waggon geriet, sei noch Gegenstand der Untersuchungen, hieß es. Vermutet wurde, dass er sich zwischen zwei Waggons, im Wagenübergang, aufgehalten hatte, als sich das Unglück ereignete. Er stürzte demnach aufs Gleis und geriet unter den umgeschlagenen Waggon. Nach Angaben eines Sprechers der Bahn wurden zur Klärung des Unfallhergangs drei Ermittlungen aufgenommen: durch die Staatsanwaltschaft und die Polizei, durch die Bahngesellschaft und durch das Verkehrsministerium.

Premier Charles Michel (MR), Mobilitätsminister François Bellot (MR) und Löwens Bürgermeister Louis Tobback (SP.A) waren bereits am Samstag an den Unfallort geeilt. Michel sprach den Opfern und ihren Angehörigen sein Beileid aus und lobte zudem das rasche und Eingreifen der Rettungsdienste. Der kommunale Katastrophenplan hatte perfekt funktioniert.

Den Angaben zufolge entstand an der Bahninfrastruktur erheblicher Schaden. Die Reparatur der Oberleitung nahm viel Zeit in Anspruch. Die Aufräumarbeiten dauerten am Sonntag an, erst am Sonntagnachmittag erteilte die Staatsanwaltschaft die Erlaubnis zur Bergung des umgekippten Waggons. Der Bahnverkehr um Löwen war daher weiterhin gestört. Zwischen Mecheln und Löwen sowie auf der Strecke zwischen Antwerpen-Aarschot und Löwen war kein Zugverkehr möglich. Die SNCB setzt Ersatzbusse ein. Die Behinderung könnte an diesem Montag noch anhalten. Der Verkehr nach Brüssel und zum Flughafen Zaventem dürfte normal verlaufen.

Das letzte schwere Zugunglück in unserem Land hatte sich am 5. Juni vergangenen Jahres ereignet, als bei Saint-Georges-sur-Meuse (Lüttich) ein Passagierzug einen Güterzug rammte. Dabei wurden drei Personen getötet und neun weitere verletzt. Der Lokführer des Passagierzuges hatte die Prozeduren bei der Annäherung einer orangen Ampel nicht beachtet. Zum schlimmsten Unfall in der Geschichte der belgischen Bahn war es am 15. Februar 2010 in Buizingen (Halle) südlich von Brüssel gekommen, als im morgendlichen Pendlerverkehr ein IC und ein Regionalzug frontal zusammenstießen. 19 Menschen starben, 162 weitere Passagiere wurden verletzt. Ob einer der Lokführer ein Stoppsignal missachtete, ist bis heute nicht geklärt. Im Zuge dieses Unglücks führte Belgien ein verbessertes Zugsicherungssystem, das ETCS, ein. (gz/dpa)