Arimont „Ohne Ceta geht die Welt nicht unter“

Pascal Arimont: „Man sollte nicht so tun, als stände die Wallonie ganz alleine da.“ | CSP

„Das Freihandelsabkommen soll eigentlich Ende Oktober in Brüssel von der EU und Kanada unterzeichnet werden. Aber die Welt wird nicht untergehen, wenn das nicht passiert. Es ist besser, sich jetzt Zeit zu lassen, statt Druck aufzubauen und eine schlechte Vereinbarung durchzudrücken“, so Pascal Arimont am Donnerstag gegenüber dem GrenzEcho. Er findet die Haltung der Französischen Gemeinschaft und der Wallonischen Region – beide Teilstaaten lehnen Ceta in der gegenwärtigen Form ab – „richtig“ und „mutig“: „Es ist gut, dass jemand seine Stimme erhebt und sagt: ‚Halt! Bis hierhin, und nicht weiter.‘‘

Die Vorbehalte in der Wallonie gebe es schon seit zwei Jahren, ohne dass die EU-Kommission oder die Föderalregierung entsprechend darauf reagiert hätten. „Man hätte sich dieser Diskussion schon viel früher, nach dem Abschluss der Ceta-Verhandlungen im Jahr 2014, stellen müssen, anstatt nun Drohkulissen aufzubauen“, findet der CSP-Politiker. Dass Kanada damit gedroht habe, das Freihandelsabkommen platzen zu lassen, sollte es Ende Oktober nicht unterzeichnet werden können, lässt ihn unbeeindruckt: „Die EU sollte den Mut aufbringen, zu ihren Standards und Werten zu stehen und deutlich machen, dass es noch Fragen zu klären gibt.“

Außenminister Didier Reynders (MR) hatte in dieser Woche erklärt, „27, ja 27,5 Mitgliedsstaaten“ der EU seien für Ceta – um deutlich zu machen, dass das frankofone Belgien ganz alleine da steht. „Aber so einfach ist das nicht. Es gibt auch noch zahlreiche Vorbehalte in anderen Ländern. Bulgarien und Rumänien wollen wegen der in Kanada geltenden Visumpflicht möglicherweise nicht zustimmen. Aber auch in Österreich und den Niederlanden gibt es Bedenken. Und in Deutschland muss die Bundesregierung das Urteil des Verfassungsgerichtes berücksichtigen. Das muss alles auf den Tisch. Man sollte nicht so tun, als stände die Wallonie ganz alleine da.“

Und das Argument, die wallonischen Regierungsparteien PS und CDH – die frankofone Schwesterpartei der CSP – betrieben Innenpolitik auf dem Rücken des Freihandelsabkommens – um beispielsweise der N-VA und der MR in der Föderalregierung eine Lektion zu erteilen? „Das finde ich nicht korrekt. Die Argumentation wäre richtig, wenn die Bedenken erst kurzfristig aufgetaucht wären. Das ist aber nicht der Fall. Bereits im Januar 2015 hatte die CDH beispielsweise gesagt, dass der Text in dieser Form nicht unterschriftsreif sei. Und danach sind ja auch Resolutionen im wallonischen Parlament verabschiedet worden. Die Föderalregierung und die EU-Kommission haben diese Bedenken aber einfach nicht ernst genommen, sondern bevorzugen jetzt Verhandlungen auf dem letzten Drücker. In allen Versammlungen der CDH zu Ceta, an denen ich teilgenommen habe, war nicht einmal von der Föderalregierung die Rede.“

Pascal Arimont fordert, den aktuellen Ceta-Entwurf in drei wichtigen Punkten abzuändern, um ihn akzeptieren zu können. Zunächst einmal müsste der Investitionsschutz gestrichen werden. „Das könnte ansonsten teuer für die EU werden, weil eine explosionsartige Steigerung der Klagen zu erwarten ist“, so der EU-Abgeordnete. Außerdem würden die Parlamente dann – aus Angst vor Schadensersatzklagen – auf gewisse Gesetze verzichten, sozusagen Selbstzensur üben („Chilling Effect“).

Zudem sollten im Freihandelsabkommen die sogenannten Negativlisten konkreter formuliert werden. „Darauf sind die Dinge festgehalten, die durch das Abkommen nicht betroffen sind. Doch das Ganze ist so vage formuliert, dass nicht klar wird, was eigentlich gemeint ist. Da brauchen wir unumstößliche Definitionen.“ Und schließlich wünscht sich Pascal Arimont im Bereich Landwirtschaft Schutzmechanismen für beide Partner, wenn die Märkte gestört werden. „Zurzeit ist eine solche Schutzklausel allein für Kanada vorgesehen. Das soll aber auch für die EU gelten. Auch unsere Bauern müssen geschützt sein.“

Auf Ebene der DG wünscht sich Arimont Klartext von der Regierung: „Ministerpräsident Oliver Paasch hätte ohne das Nein aus Namur schon längst seine Zustimmung gegeben.“ In anderen Teilstaaten sei Ceta groß thematisiert worden, im DG-Parlament dagegen nur in einer Ausschusssitzung. „Wenn die CSP damals keine Resolution zu TTIP und Ceta ins PDG eingebracht hätte, wäre wohl gar nichts passiert. Die Mehrheit hat aus unserer Resolution aber das Thema Ceta gestrichen. Man wollte der Debatte aus dem Weg gehen.“

„Ohne das Nein aus der Wallonie hätte Paasch Ceta schon zugestimmt.“

Man brauche aber die Diskussion – und dies müsse auch die EU-Kommission verinnerlichen: „Das muss eine Lehre sein, die wir aus dem Brexit ziehen. Wir müssen die Leute mitnehmen und mit ihnen debattieren.“ Und schließlich dürfe man die Bedeutung von Ceta nicht überbewerten. „Laut einer Studie der Welthandelsorganisation würde das Wachstum in der EU durch das Freihandelsabkommen mit Kanada um 0,08 Prozent steigen. Und das sind noch optimistische Schätzungen. Trotzdem tun die Befürworter so, als würden Milch und Honig mit Ceta fließen.“