Helene Fischer in Köln: Zu perfekt, um wahr zu sein



Helene Fischer ist, was sie singt: ein „Phänomen“. Sie bietet „Das volle Programm“, und gibt dabei stets „Hundert Prozent“. Bei Ralph Wetzels aus Eupen verursacht der attraktive Schlagerstar jedenfalls „Herzbeben“. „Eine tolle Frau“, schwärmt der 57-Jährige, ohne rot zu werden. Die Karten waren ein Weihnachtsgeschenk seiner Kinder. Er hat sogar an sein Fernglas gedacht. „So kann ich mir Helene immer näher holen“, scherzt er.

Auch die 65-jährige Christa aus Eupen – sie möchte ihren vollen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen, das müsse ja nicht sein, ist begeisterter Helene Fischer-Fan. Sie findet „die Frau absolut authentisch und sympathisch“ und hört ihre Musik, „wenn der Mann nicht da ist“. Deswegen musste auch die Tochter dran glauben, die zwar nicht viel mit Helenes Musik anfangen könne, sich aber auch „die Ohren nicht zuhalten“ wird. Und die Augen erst recht nicht: „Gut sieht sie aus“, gesteht die 38-Jährige. Dabei ist die Bezeichnung „gut“ im Zusammenhang mit Helene Fischer noch maßlos untertrieben – und das ist nicht ironisch gemeint. Die Sängerin ist die Perfektion in Person, das muss man neidlos zugeben. Ihr Körper durchtrainiert, ihre Stimme zu Höherem als Schlagermusik berufen und trommeln kann sie auch noch: Helene Fischer ist fast schon zu perfekt. Der 33-jährigen Schlagerkönigin gelingt scheinbar alles. Sie räkelt sich in schwindelerregender Höhe an den Strapaten, dreht sich, nur von einer Schlaufe am Handgelenk gehalten, kopfüber um die eigene Achse und singt dabei noch, ohne auch nur ein einziges Mal nach Luft zu schnappen. Aber es gibt Hoffnung für alle Normalsterblichen: So etwas schüttelt selbst eine Helene Fischer nicht aus dem Ärmel. „Ich habe hart trainiert und ich bin an meine Grenzen gestoßen“, erzählt sie zwischen zwei Songs. Beruhigend das zu hören. Und verantwortungsbewusst ist Helene Fischer auch noch: „Liebe Kinder, bitte nicht nachmachen“, warnt sie. Hoffentlich fühlten sich auch die Senioren angesprochen, denn Helene Fischer begeistert ohne Ausnahme alle Altersgruppen. Und nicht nur die, die auf Schlager stehen. „Sie kann mit den Großen locker mithalten“, findet Ralph Wetzels.

Man mag von ihrer Musik und ihrer Beziehung zu Florian Silbereisen halten, was man will – als Künstlerin hat sie es verdient, ernst genommen zu werden. Die Dimensionen ihrer Show sind jedenfalls immens: Im Schlepptau hat die ausgebildete Musicaldarstellerin ein 150-köpfiges Team, darunter zwölf Tänzer und acht Akrobaten vom Cirque du Soleil. Unter dem Dach der Lanxess Arena wurden 130 Tonnen Technik angebracht. „Mehr als Metallica vor ein paar Wochen“, sagt Tomasz Grenke. Der Leiter der Presseabteilung hatte es gleich zu Beginn gesagt: „Helene Fischer ist hochprofessionell. Die Show ist bis ins letzte Detail durchgetaktet.“

Zum Auftakt schwebte sie im knappen, mit Stacheln besetzten Glitzerbody in die Halle. Anschließend gab es mehr Akrobatik, perfekt einstudierte Tanzeinlagen, alte und neue Stücke und dazu ständig wechselnde Garderobe. Ganze sieben Mal zog sich Helene Fischer um, um sich mit jedem Mal von Neuem selbst zu übertreffen. Highlight war zweifelsohne der Reifrock aus sprudelndem Wasser. Mehr geht eigentlich kaum. Musikalisch bot Helene Fischer das komplette Repertoire: von schnulzig-sentimental über Country bis hin zu Electro.

Inhaltlich ging es immer wieder um die Liebe und darum, dass man alles schaffen kann, wenn man nur an sich glaubt. Nur die vier kleinen, süßen Fans, die sie auf die Bühne holte, um ihnen kurz über die Bäckchen zu streicheln, waren dann doch zu viel des Guten. Aber einer Helene Fischer verzeiht man so etwas. Auch den Anflug von Müdigkeit, den man nach dem ersten Stück auf ihrem makellosen Gesicht erkennen konnte. Wer will es ihr verübeln? Es war die zweite von fünf Shows in Köln. Insgesamt 80.000 Menschen werden die Lanxess Arena bis Sonntag füllen. Weil die Nachfrage so unglaublich groß ist, gibt es im Januar 2018 zwei zusätzliche Termine.

Am Ende der gut dreistündigen Show bedankte sich Helene Fischer beim Publikum und entließ es mit „Atemlos“ in die reale, völlig unperfekte Welt außerhalb der Lanxess Arena. Ralph Wetzels findet für all das nur ein Wort: „Supergenial.“ Das dreifach kräftige „Kölle Alaaf“ zum Schluss hätte sich Helene Fischer allerdings sparen können.