Früher Nachmittag



Es ist alles in Ordnung mit der Aufregung.

Alles in Ordnung mit der Aufregung. Ist das so?

Ist das alles in Ordnung mit der Aufregung? Unserer permanenten Aufregung. Der Nervosität, die unsere Tage schon recht lange jetzt dauerhaft belagert und umschlingt. Die nie zu schlafen scheint. Und uns selten zur Ruhe kommen lässt. Ist also alles in Ordnung mit dieser Aufregung darüber, dass die Welt gar nicht so in Ordnung ist, wie uns das lieb wäre. Ich weiß es nicht. Das Junge Ensemble Marabu schickt diese Worte über die Bühne und sie beruhigen für einen kurzen Moment in dem harten Zweifelchaos, dass die Spieler von „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“ in knapp über einer Stunde über die Bühne jagen.

Eine steile, wilde Jagd durch und mit Gerhard Meisters Textvorlage, die einen mächtige Schauer über den Rücken stürzen lässt und genau da abfängt, wo man heute in dieser weltumspannenden Schieflage eben steht. Ein weit offener Zugang, ein Angebot zum Diskurs. Ohne bindende Zielvereinbarung, ohne moralischen Antwortskarten und ohne das Versprechen von Fleißbildchen für das persönliche Engagement. Dafür mit einem scharfen Seziermesser, das tief durch die Schleiflackschicht des Weltrettungsengagment schneidet und die Fassaden der guten Taten stark erschüttert bis sich breite Risse bilden.

Jeder einzelne kämpft hier für sich allein. Und für einen Umgang mit der Welt um ihn herum. Die schwierige Suche nach einem wann, einem wie und oft auch einem warum.

Wann fang ich an?

Wie mache ich das?

Und warum muss ich das eigentlich?

Hier auf der Bühne weiß es keiner genau. Und wenn, dann nur für kurze Zeit und dann zerlegen die Zweifel und ihre Nachbarn, die Fakten, jeden Ansatz in seine Einzelteile und schleudert sie den Spielern vor die Füße. Und die packen den Zuschauer fest am Kragen und schleifen ihn mit durch die Fragen, durch die Wut und die Ohnmacht, lassen nicht locker bis am Ende eine erschöpfte Ruhe das Dunkel bringt. Und da ist er dann wieder. Im Kopf. Dieser Satz.

Es ist alles in Ordnung mit der Aufregung.

Und tief drinnen wird es seltsam warm.