Zwangsarbeiter, ein düsteres Kapitel für Monschau

<p>Zwangsarbeiter im Steinbruch Giersberg bei Rott. Autor Dr. Dieter Lenzen aus Kesternich hat viel Material zu dem Thema gesammelt. Undatiertes</p>
Zwangsarbeiter im Steinbruch Giersberg bei Rott. Autor Dr. Dieter Lenzen aus Kesternich hat viel Material zu dem Thema gesammelt. Undatiertes | Rainer Hülsheger

Eines der Anliegen des Buches von Dr. Dieter Lenzen aus Kesternich ist die fehlende Erinnerung an die Verbrechen der Zwangsarbeit. Zugespitzt lässt sich der Umgang mit den Zwangsarbeitern darstellen als: „Verschleppt, verschlissen, verscharrt und vergessen.“

In den Altkreis Monschau wurden während des Zweiten Weltkriegs etwa 2.200 Zwangsarbeiter verschleppt. Darunter befinden sich auch Kinder, die teilweise auch hier geboren wurden.

Zu Zwangsarbeitern zählen zivile Arbeitskräfte, die man aus den besetzten Gebieten ins Reich schaffte sowie Kriegsgefangene. Die Geschichtsschreibung prägte hierfür den Begriff: „Arbeit als Beute.“

Von der Gesamtzahl sind 1.155 namentlich im Kreis zu erfassen. Mindestens 800 Kriegsgefangene waren gleichzeitig in etwa zehn kleineren sowie in drei großen Lagern in Strauch, an der Florabrücke in Monschau sowie im größten Lager in Rurberg unterzubringen, dass alleine eine Kapazität von etwa 350 Mann hatte. Mehrere Hundert Zwangsarbeiter, darunter mehr Frauen als Männer, waren in Lagern am Betriebsgelände von Junker in Lammersdorf interniert. Insgesamt gab es im Kreis wenigstens 32 Massenunterkünfte und Lager.

Die weiteren Zwangsarbeiter wurden in landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben, bei Forstämtern oder als Haushaltshilfen in Familien eingesetzt. Auch die Reichsbahn beschäftigte in Roetgen und Monschau Zwangsarbeiter. Sowjetische Kriegsgefangene setze man völkerrechtswidrig bei der Wehrmacht z. B. bei Flakeinheiten an den Talsperren ein. Auch Bau- und Straßenbauarbeiten leisteten meist sowjetische Arbeitskräfte.

Es geht auch um das Nachkriegsschicksal „volksdeutscher“ belgischer Zwangssoldaten.

214 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, die hierhin verschleppt wurden, kamen um durch Hunger, starben medizinisch nicht versorgt, wurden durch Arbeit vernichtet oder aktiv getötet. Die 214 Fälle sind dokumentiert und die Dunkelziffer nicht seriös abzuschätzen. Schwangere dienten zu medizinischen Ausbildungszwecken ebenso wie die Leichen von Hingerichteten. Die Ausbeutung kannte keine Grenzen. In Rurberg auf der „Ehrenstätte für sowjetische Kriegstote“ liegen unter anderem allein 200 Frauen, Männer und Kinder, die die Zwangsarbeit im Kreis Monschau nicht überlebten. Das jüngste Kind ist wenige Monate alt.

Weitere Themen des Buches sind der Umgang mit Familien, Frauen und Kindern, die medizinische Versorgung, die sexuelle Ausbeutung, die Rolle der Polizei und der Justiz, die Verstrickung von „Kontaktpersonen“, also denen, die ins Visier der Gestapo gerieten, weil sie sich angeblich oder tatsächlich nicht an das „Umgangsverbot“ hielten oder Mitmenschlichkeit zeigten. Dieser menschliche Umgang, den es auch gab, macht Mut, denn das Gedankengut, aus dem die Nazi-Ideologie schöpft, ist heute für manche wieder attraktiv. Ebenso geht es um das Nachkriegsschicksal „volksdeutscher“ belgischer Zwangssoldaten im Kreisgebiet sowie um Einbürgerungen von Zwangsarbeitern.

Die Arbeit versteht sich als Weckruf, sich kritisch mit dem Thema auseinanderzusetzen, das häufig einseitig unter dem Motto abgehandelt wird: „Unser Pole, unsere Ukrainerin hat es bei uns gut gehabt“ und damit die kritische Auseinandersetzung vermeidet. Das Buch versteht sich als erste umfassende und gründlich recherchierte Erfassungs- und Aufarbeitungsanalyse der Zwangsarbeiterproblematik. (red)„Zwangsarbeit im Kreis Monschau 1939 – 1945“, 368 Seiten, 127 Abb., zahlreiche Tabellen. IBSN 978-3-942513-46-3. Verlag Hahne & Schloemer.

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment