Mobile Kirche: Pfarrer aus Heinsberg hat einen Altarraum auf Rädern

Pfarrer Sebastian Walde steht in Heinsberg vor seiner mobilen Kirche. Sein Gotteshaus auf Rädern ist drei Meter achtzig lang und zwei Meter breit. Das Gefährt hat auch ein kleines ausfahrbares Kirchentürmchen aus Aluminium. | dpa



Bei aller Bescheidenheit, aber ohne Kirchturm – das geht gar nicht. „Sonst würde man die Kirche in einiger Entfernung ja nicht von einer Pommesbude unterscheiden können“, sagt . Der evangelische Pfarrer aus Heinsberg hat eine Kirche auf Rädern: Am kommenden Wochenende wird er seinen Anhänger, der von außen wie ein Verkaufsanhänger auf Märkten wirkt, wieder an den Gemeinde-Bus hängen, über die Dörfer fahren und das Wort Gottes predigen.

Die Kirche diskutiert im Moment viel darüber, wie sie Menschen erreicht, wenn die nicht mehr in die Kirche kommen. „Die Kirche steht vor großen Herausforderungen, weil der Kirchenbesuch und die Beteiligung an kirchlichen Angeboten nicht mehr selbstverständlich ist“, sagt der Vizepräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland, Thies Gundlach. Deshalb gehe es darum, Angebote zu verändern, damit die Kirche attraktiv bleibe. Die mobile Kirche von Pfarrer Walde aus Heinsberg steht beim evangelischen Kirchentag in Berlin als innovativstes Projekt zur Wahl.

Wenn Walde die Klappe seiner Anhänger-Kirche aufmacht, springt das große Kreuz ins Auge, das hinten in die Schiebewand gearbeitet ist. Aus den dahinterliegenden Fächern holt er zwei Papp-Elemente heraus und legt eine Glasplatte darauf: Das ist der Altar. Das Aluminium-Kirchtürmchen an der Seite muss hochgeschoben werden.

Und weil es nicht nur um die Worte des Herren, sondern auch um irdische Kontakte geht, hat die mobile Kirche jetzt auch noch eine Kaffeemaschine bekommen: „Damit wir danach mit den Menschen noch einen Kaffee trinken können“, sagt Walde.

Papst Franziskus hat im Jahr des Reformationsjubiläums evangelische Kirchenvertreter in Rom empfangen, Pfarrer Walde braucht keinen Anlass, um Katholiken zu treffen. Die meisten Menschen in den Heinsberger Dörfern sind eh katholisch. Und so kam es beim ersten Probelauf mit der mobilen Kirche zu diesem erstaunlichen Gottesdienst vor einem Altenheim, wo auf einmal gefühlt der halbe Ort dem Pfarrer lauschte – obwohl fast das ganze Dorf katholisch ist.

Der 48-jährige Pfarrer sieht, wie sich das Leben in den Dörfern verändert, wie sich Nachbarschaften auflösen, Menschen weniger in Kontakt kommen. Der Gottesdienst unter freiem Himmel habe anders als die Kirchentür keine Schwelle, sagt der Mann. Menschen bleiben einfach stehen. Beim Kaffee hinterher, will er die Leute miteinander in Kontakt bringen.

„Martin Luther hätte das gefreut“, meint der Heinsberger Kirchenmann mit Blick auf das Reformationsjubiläum in diesem Jahr. „Er hat gesehen, dass die Kirche in Bewegung zu sein hat und sehen muss, wie das Evangelium zu den Menschen kommt.“ Pfarrer Walde lädt nicht ein, er lässt sich von den Dörfern einladen. Andere Kirchengemeinden fragen nach, ob sie seine Kirche mal ausleihen können. Sogar das katholische Bistum Münster habe sich bei ihm gemeldet, um über die Kirche zu sprechen.

Vielleicht kann die kleine mobile Kirche ja im Mai beim Kirchentag läuten wie eine Große. Jemand hat dem Pfarrer die kleine Glocke einer Hauskapelle geschenkt. (dpa)