Kneipe statt Kirche: Ein Modell, das es in Ostbelgien (noch) nicht gibt


Über 200 Menschen haben am Sonntag in Eschweiler einen Kneipengottesdienst mit dem Aachener Bischof Helmut Dieser gefeiert. Mit dabei war auch der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der das Ganze im Bewegtbild festgehalten hat. Zu sehen ist eine pickepacke volle Pinte, in der es nicht nur christlich, sondern auch karnevalistisch zugeht. Momente, die man heute nur noch selten erlebt – weder in einem Gotteshaus, noch in einer Kneipe.

„Früher hatte ich mit der Kirche nichts am Hut, aber das hat mich beeindruckt“, äußert sich Wirt Michael Esser, der die Idee des Kneipengottesdienstes hatte. Mit seinem Vorhaben lief er beim Bistum Aachen offene Türen ein. Denn Bischof Helmut Dieser versucht seit einem Jahr, das Bistumsleben durch neue Ansätze zeitgemäßer zu gestalten.

Zugegeben: Der christliche Kneipenbesuch ist nicht „die“ Lösung aller Probleme, aber ein guter Anfang, um den Glauben näher an die Gesellschaft zu bringen und gleichzeitig dem Kneipensterben „ein wenig“ entgegenzuwirken.

Aber sind Kneipengottesdienste auch eine Option für Ostbelgien? „Ja, warum nicht“, kommentiert Lothar Klinges, Pfarrer des Pfarrverbandes Bütgenbach, „das Ganze ist sehr interessant. Zudem finde ich es gut, wenn der Glaube auch außerhalb der Sakralmauern gelebt wird. Also mitten im pulsierenden Leben.“

Lothar Klinges hält Kneipengottesdienste für „eine gute Sache“. „Ich finde es gut, wenn der Glaube auch außerhalb der Sakralmauern gelebt wird“, meint der Pfarrer.

Außerdem müsste man sich von einer „Komm-Kirche“ zu einer Art „Geh-Kirche“ entwickeln: „Wir können nicht darauf warten, dass die Leute zu uns kommen. Wir müssen zu ihnen gehen“, unterstreicht Klinges. Und eine Möglichkeit seien Kneipengottesdienste. Doch neu ist die Idee nicht. „Die gibt es schon seit mehreren Jahren“, erzählt der Pfarrer. Aber eben nicht in Ostbelgien. Zwar würden in der Deutschsprachigen Gemeinschaft regelmäßig Vereinsgottesdienste abgehalten, aber eine Messfeier in einer Kneipe hätte es so in der Region noch nicht gegeben.

Dabei hätten Kirchen und Kneipen, „wenn man mal genauer hinschaut“, viele Gemeinsamkeiten. „Sowohl in der Kneipe als auch in der Kirche begegnen sich Menschen und suchen Gemeinschaft“, sagt der 58-jährige Seelsorger. Außerdem würde man an beiden Orten gerne Musik hören und über Gott und die Welt diskutieren. Kneipengottesdienste würden zudem zum Ausdruck bringen, dass sich Glaube und Leben einander begegnen. „Eben eine Einheit bilden“, ergänzt Klinges.

Doch trotz aller Vorschusslorbeeren drückt der ostbelgische Geistliche auch auf die Bremse und warnt: „Kneipengottesdienste sollten nicht zur Regelmäßigkeit werden. Denn dann wird das Event schnell alt und verliert das Packende.“