Aachen: Bald wird das Marschiertor enthüllt

Fast fertig: In wenigen Tagen wird die Dachsanierung des Marschiertores abgeschlossen. Rund vier Wochen dauert anschließend der Abbau des gigantischen Gerüsts. | Stadt Aachen/David Rüben

In wenigen Tagen wird Frey ein letztes Mal diesen beeindruckenden Blick genießen können – und das freut ihn nichtsdestotrotz außerordentlich. Denn die aufwendige Dachsanierung des Marschiertores ist so gut wie abgeschlossen. Dann ist die Mission von Architekt Albert Frey und allen beteiligten Handwerkern beendet.

Auch das für die Maßnahme verantwortliche städtische Gebäudemanagement zeigt sich zufrieden. Projektleiter Engelbert Chaumet freut sich, dass die komplizierten Arbeiten so gut geklappt haben. Das ist nämlich keinesfalls eine Selbstverständlichkeit, wenn die Sanierung eines historischen Gebäudes wie dem rund 700 Jahre alten Marschiertor ansteht. Sprichwörtlich hinter jedem Stein und jeder Schieferplatte können sich da Überraschungen verbergen. Doch die hielten sich diesmal glücklicherweise in Grenzen. So konnte der Kostenrahmen so gut wie eingehalten werden. Rund 880.000 Euro hat die notwendig gewordene Dachsanierung des Marschiertores gekostet – lediglich 20.000 Euro mehr als zunächst veranschlagt. „Bei der Größe und der Komplexität dieser Maßnahme ist das wirklich nicht viel“, sagt Chaumet. So wurden, als man einmal die Gelegenheit dazu hatte, in luftiger Höhe direkt an die Fassade heranzukommen, einige Stellen am Gemäuer sozusagen in einem Aufguss mit in Augenschein genommen und ausgebessert. Auch ein kleineres zusätzliches Gerüst musste im Laufe der Arbeiten noch errichtet werden. Überhaupt: Das gigantische Gerüst ist es, was diese Baumaßnahme so besonders und auch weithin sichtbar gemacht hat. 140 Tonnen schwer, mit einer ausgeklügelten Statikberechnung rund um und auf das Dach platziert, ermöglichte es den Handwerkern, bei nahezu jeder Wetteranlage in 40 bis 50 Metern Höhe zu arbeiten.

Rund 880.000 Euro hat die notwendig gewordene Dachsanierung gekostet.

Der aufwendige Gerüstaufbau im vergangen Frühsommer führt letztlich dazu, dass die Sanierung des Marschiertors nun einige wenige Woche später abgeschlossen werden kann als zunächst geplant. Hier hatte für alle Akteure die Maxime „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ Vorrang. Und die hat sich ausgezahlt. Selbst bei den zum Teil heftigen Winterstürmen gab es keinerlei Zwischenfälle. „Uns ist hier nicht eine Folie weggeflattert“, sagt Architekt Frey.

Nun also biegen die Arbeiten auf die Zielgeraden ein. Am Ende werden die speziell ausgebildeten Dachdecker aus Thüringen auf einer Dachfläche von rund 830 Quadratmetern etwa 55.000 Schieferplatten festgenagelt haben – und zwar jede einzelne von Hand und individuell zugeschnitten. Zuvor wurde das alte, rund 60 Jahre alte Dach abgetragen. Dieses befand sich in einem derart schlechten Zustand, dass es nicht mehr dicht war und die Gefahr bestand, dass der gesamte Dachstuhl Schaden nehmen könnte. In wenigen Tagen enden die Dachdeckerarbeiten auf einem von Aachens Wahrzeichen. Anschließend wird das Gerüst abgebaut, wofür rund vier Wochen veranschlagt sind. Das bedeutet: Läuft alles nach Plan, wird das Marschiertor im April wieder in vollem Glanz erstrahlen und die spektakuläre „Dach(decker)terrasse“ auf Zeit mit atemberaubenden Ausblick auf die Aachener City ist Geschichte. Und das, so sind sich alle Verantwortlichen sicher, für viele, viele Jahrzehnte. „Ich werde sicherlich nicht noch einmal hier oben stehen“, sagt Architekt Albert Frey. Die Dachsanierung des denkmalgeschützten Marschiertors, das von der Aachener Karnevalsgesellschaft Oecher Penn als Hauptquartier genutzt wird, hat rund 880.000 Euro gekostet, 200.000 Euro steuerte der Bund über ein Sonderprogramm zum Erhalt von denkmalgeschützten Gebäuden bei. Mit dem Bau des Marschiertores ist wahrscheinlich um 1300 begonnen worden. Neben dem Ponttor, Kölntor und Jakobstor gehörte es zu den vier Haupttoren der äußeren Aachener Stadtmauer, die bis zum 15. Jahrhundert errichtet wurde. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1320. Dabei haben spätere Ausgrabungen belegt, dass das Marschiertor, welches vormals auch Burtscheider Tor genannt wurde, auch über eine Vorburg verfügte wie sie es noch am Ponttor gibt. Sie ist kurz nach dem Stadtbrand im 17. Jahrhundert niedergelegt worden. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Marschiertor schwere Beschädigungen, der Dachstuhl wurde komplett zerstört und durch eine Notabdeckung mit Bitumenpappen gesichert. Ende der 1950er Jahre erhielt das Marschiertor schließlich den Dachstuhl in seiner heutigen Form als Holzkonstruktion. (red)