Ein Wochenende lang fette Beats



Am frühen Sonntagnachmittag ist das Festivalgelände an der Hochstraße wie ausgestorben. Es ist der Tag nach einer richtig guten Party. Der Moment nach dem Ausruhen und vor dem Weiterfeiern: Plastikbecher liegen im Gras, in den Hängematten chillen müde Gestalten – ihnen steckt der Vorabend noch sichtbar in den Knochen. Derweil checkt auf der GrenzEcho-Stage ein DJ die Technik. Ein junger Mann tanzt vor der Mainstage gedankenversunken zum Beat. Der DJ hat Electronic Dance Music, kurz EDM, aufgelegt. Noch vor wenigen Stunden dröhnte an dieser Stelle House und Techno aus den Boxen. Auch die Theken-Crew bereitet alles für den letzten Festival-Tag vor. Gläser werden gespült, Kühlschränke aufgefüllt.

Indes: Das Team vom Roten Kreuz ist bereits vollzählig. „Wir sind heute zehn Leute“, erklärt Andreas Müllender. Zwei Personen mehr als noch am Samstag. Warum? Wegen des Holi Spirit-Festivals: „Der Farbpuder kann Augen- und Atemreizungen hervorrufen. Manche Leute reagieren auch allergisch darauf.“ Der Samstag sei zudem, bis auf ein paar Schnittwunden und Unwohlsein aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum, ruhig verlaufen. Immerhin musste niemand ins Krankenhaus eingeliefert werden. „Es lag im Rahmen“, so Andreas Müllender.

Trotzdem hat das Organisationsteam anstrengende Tage hinter sich. Anstrengend, aber gut. Mitorganisator Tom Rosenstein ist schon seit acht Uhr wieder auf dem Gelände, um nach dem Rechten zu sehen. „Man hat immer mehrere Baustellen gleichzeitig. Ich bin echt durch“, lacht er. „Am ersten Tag gibt es immer kleinere Problemchen, der zweite Tag ist schon relaxter – und heute ist es noch stressfreier.“ Zeit, durchzuatmen, bevor das Gelände ein letztes Mal von Festivalbesuchern bevölkert wird. Am Freitag kamen etwa 1.000 Menschen, am Samstag rund 1.800. „Wir hatten echt Glück mit dem Wetter. Heute sind es sogar noch zwei Grad wärmer. Perfekt.“ Das Feedback sei „hammermäßig“, sowohl vonseiten der Besucher als auch der Künstler: „Atemberaubend“, „Das Beste, was Ostbelgien zur Zeit zu bieten hat“ oder „Mega-Show“.

Zum ersten Mal hatte das Trakasspa-Team in diesem Jahr ein Zweibühnenkonzept umgesetzt: Auf der gigantischen Hauptbühne drehten international bekannte Größen der Electro-Szene wie Watermät, Nora en Pure und Zonderling an den Turntables, auf der GrenzEcho-Stage boten lokale und regionale DJs Programm. Zum Abschluss wurde am Samstagabend ein großes Feuerwerk gezündet. Ein rappelvoller Shuttlebus brachte die Festivalgänger nach dem letzten Act nach Hause.

Auch Denise Pitz war am Samstag schon hier. Sie ist erst 17, wird aber in acht Tagen 18. „Mich hat niemand nach dem Ausweis gefragt“, grinst sie. Also ist sie bis zum Ende geblieben. „Es war gut. Sehr gut sogar. Die Leute, die Musik, die Stimmung.“ Heute hat sie ihre Freundinnen Joana und Zoé im Schlepptau. Die drei sind wegen dem Holi Spirit hier, das zuvor mehrere Male in Welkenraedt stattgefunden hat und nun im Rahmen des Trakasspa-Festivals nach Kettenis kommt.

In Kooperation mit dem Daftteam bündelten die Macher des Electro-Festivals alle Kräfte: Holi Spirit und elektronische Musik vereint auf einem Gelände. Tom Rosenstein ist froh über diese Entscheidung: „Es ist ein gegenseitiges Voneinanderlernen, beide Seiten profitieren.“ Quentin Schmitz vom Daftteam stimmt Tom Rosenstein zu: „Die Location ist genial, so etwas hätten wir für das Holi Spirit Festival nie gehabt.“ Und nicht nur das. Es seien auch Freundschaften entstanden. „Wir kannten uns vorher nur vom Sehen. Wir sind als Team richtig zusammengewachsen“, so Rosenstein.

Quentin Schmitz schnorrt sich eine Zigarette, dann muss er weiter. Er hat es eilig, in einer Viertelstunde muss er am Bahnhof sein, um DJ James Carter dort abzuholen, der aus London angereist ist. Sein Telefon klingelt und es wird heute gefühlt auch noch weitere 200 Mal klingeln: Ein Rückflug wurde storniert, der Künstler möchte nach seinem Set in einem Hotel in Brüssel untergebracht werden. Jetzt muss Schmitz reagieren. Er verabschiedet sich. Auch nach Tom Rosenstein wird jetzt wieder verlangt – so langsam nimmt der dritte und letzte Festivaltag an Fahrt auf. Noch eine schnelle Frage im Gehen: Wird es eine Wiederholung des Festivals geben? „Abwarten“, lacht Tom Rosenstein.

Gegen eine weitere Auflage im kommenden Jahr hätte Heike Verheggen definitiv nichts einzuwenden. „Es ist ein spannendes, sehr beeindruckendes Wochenende gewesen“, verrät die Moderatorin, die zum ersten Mal überhaupt das Trakasspa-Festival besuchte und für Radio Contact live vom Festivalgelände berichtete. Und so richtig wie Arbeit hat sich das Ganze für sie gar nicht angefühlt. „Ich bin wirklich positiv überrascht, wie offen und ehrlich mir die DJs im Interview begegnet sind. Ich habe da noch so einiges über die verschiedenen Szenen lernen können. Das hat Lust auf mehr gemacht“, gesteht Heike Verheggen.

Letzteres galt auch für all jene Festivalbesucher, die am Sonntag erstmals mit dem Holi-Spirit-Festival in Berührung kamen. Mit Maismehl und Lebensmittelfarbe gefüllte Beutel flogen durch die Luft und verwandelten Leute und Wiese in ein buntes Schlachtfeld. Ein würdiges Finale eines kunterbunten Wochenendes.