Baukammerpräsident Frank Ganser: „Batibouw ist unheimlich wichtig“

Welche Stimmung herrscht derzeit in der Baubranche? Ist die Hochstimmung, die die Veranstalter beschreiben, gerechtfertigt?

Hochstimmung müssen die Veranstalter verbreiten, ob diese gerechtfertigt ist, bleibt mal dahingestellt. Die Auftragslage ist aktuell nicht schlecht oder schwierig insofern, als dass unheimlich viele Anfragen bei uns Unternehmern eingehen. Dies ist vor allen Dingen im Winter ein gutes Zeichen und lässt auf Aufträge hoffen. Jetzt zu sagen, es wäre bereits alles unter Dach und Fach, wäre allerdings zu voreilig. Die Kunden werden nicht nur anspruchsvoller und wollen sehr stark begleitet werden, sie werden zunehmend sprunghafter. Die Zeit zwischen dem ersten Kontakt und der Bestellung ist mitunter kurz, noch kürzer können dann die gesteckten Anfangstermine ausfallen… Damit möchte ich sagen: Früher hatte man über Jahre die Auftragsbücher voll und ein „beruhigendes Polster“, das vor allen Dingen das Planen von Investitionen leichter machte, heute ist unterdessen alles viel kurzfristiger.

Der belgische Baufachverband sagt: „Jetzt ist der geeignete Moment, um zu bauen und zu renovieren“. Teilen Sie diese Meinung?

Was die Banken an Rendite bieten, wissen wir ja alle. Wenn also eine Baumaßnahme zu sicheren Einkünften führt, eine Renovierung zum Beispiel Energiekosten sparen hilft beziehungsweise den eigenen Lebenskomfort verbessert, so ist es immer richtig, diesen Weg einzuschlagen.

Welche Trends gibt es beim Bau des Eigenheims?

Diese Frage kann man nur beantworten, indem man zugleich auf die Alterspyramide schielt. Die Bedürfnisse sind hier sehr unterschiedlich. Die jungen Leute und Singles teilen ihren Wunsch mit den Älteren nach Appartements, die Erstgenannten um ohne Verpflichtung wie Garten ihre Bedürfnisse ausleben zu können, die ältere Generation will diesen Verpflichtungen aus dem Weg gehen, weil sie zur körperlichen Last werden. Ich denke, dass die Familien aber nach wie vor zu einem Eigenheim mit Garten tendieren, damit der Nachwuchs sich entfalten kann. Aber auch hier geht der Trend eindeutig zu kleineren Grundstücken, natürlich auch aus Budgetgründen.

Gibt es für Sie so etwas wie „die“ Themen der Messe 2018? Welche Rolle spielt beispielsweise das digital vernetzte und steuerbare Haus?

Da legen Sie mir ja schon eine der Antworten praktisch in den Mund… Das vernetzte Haus spielt natürlich eine Rolle. Es ist bereits jetzt erstaunlich, was alles geht. Aber ich gehe davon aus, dass trotz aller Fortschritte, die hier bereits gemacht wurden, wir doch noch am Anfang der Bewegung stehen. Das Internet der Dinge hat auf jeden Fall noch eine schöne Zukunft vor sich… Energie sparen ist nach wie vor ein Thema, aber sehr wichtig ist den Leuten das „Bien être“. Man will es zu Hause gut haben.

Die Zinssätze auf Hypothekendarlehen sollen in diesem Jahr um 0,5 Prozent leicht anziehen. Spielt das für den Sektor eine Rolle?

Das wird sich sicher auf den Sektor auswirken, 0,5 Prozent sind aber so gerade noch erträglich und ich glaube, dass wir uns alle glücklich schätzen können, wenn es dabei bleibt. Übrigens: Der Bauboom hat ohnehin nicht wirklich nachgelassen, es verlagert sich nur. Da, wo früher ganze Wiesen parzelliert wurden und sich in kürzester Zeit ganze Landstriche veränderten, werden heute eher die Lücken gefüllt, alte Bestände abgerissen usw. Das fällt natürlich weniger auf.

Eine aktuelle Studie ergab, dass ein durchschnittliches Haus in Flandern im letzten Jahrzehnt um 23,1 Prozent teurer geworden ist. Gilt das auch für Ostbelgien?

Bauland ist endlich, wir müssen uns ernähren und diese Produkte kommen nach wie vor aus der Erde. Sogenannte Sektorenpläne weisen bebaubare Grundstücke und zum Beispiel landwirtschaftliche Gebiete aus. Die bebaubaren Grundstücke werden knapper und aus diesem Grunde sind mittlerweile, vor allen Dingen in Flandern, die Grundstückspreise mächtig angezogen. Es würde mich nicht wundern, wenn von den 23 genannten Prozent in dieser Region der Großteil auf den Grundstückspreis zurückzuführen wäre. Die bessere Isolierung und die Einhaltung der immer strengeren Normen, die in Form von Auflagen immer mehr zunehmen, sind natürlich auch nicht zu verachten, helfen aber in der Regel, die Betriebskosten zu senken.

Im Jahre 2000 betrug die durchschnittliche Neubaufläche noch 160 Quadratmeter – gegenüber heute 133 in Flandern und 129 in der Wallonie. Wie sieht im Osten aus?

Nicht wirklich anders, auch wenn hier Bauland verfügbarer ist, so spielt das liebe Geld natürlich überall eine Rolle. Viele Bauherren nehmen bewusst kleinere oder weniger Räume in Kauf. In Folge der zunehmenden Digitalisierung braucht man glücklicherweise für viele Dinge auch weniger Platz: Wenn ich alle meine Familienbilder, die jetzt auf meiner Festplatte liegen, in Alben kleben müsste, würde mir auch ein Abstellraum fehlen. Nur so als Beispiel…

Wie wichtig ist die Batibouw eigentlich für das Baufach?

Batibouw ist wie jede Messe für den jeweilig vertretenen Sektor unheimlich wichtig. Einmal als Vitrine des technisch Möglichen, aber auch für den Alltag. Man kann hier als Konsument, wenn man es denn schafft, sich auf ein Thema zu fokussieren, einen tollen Überblick bekommen. Meine Frau und ich haben selbst vor zwei Jahren auf der Batibouw das „Objekt unserer Begierde“ gekauft. Wir sind gezielt dafür hingefahren, nachdem sich herausgestellt hatte, dass das gewünschte Produkt lokal nicht erhältlich war. Wir haben zwischen mehreren Anbietern wählen und die Produkte auch anfassen und probieren können. So eine Gelegenheit bietet halt nur eine Messe.

Welche Fehler machen Bauwillige häufig? Welche drei Tipps können Sie ihnen dank Ihrer langjährigen Erfahrung mit auf den Weg gaben?

Bezogen auf die Batibouw würde ich sagen: Sich genug Zeit zu nehmen und nicht alles auf einmal zu wollen. Sich pro Thema (Küche, Bad, Sonnenschutz, …) einen Tag Zeit nehmen bzw. so viel wie nötig und den nächsten Punkt erst dann in Angriff nehmen, wenn der vorherige abgehakt wurde. Hört sich jetzt einfacher an als es ist.

Und über den Messebesuch hinaus?

Da kann ich nur raten, gut zu planen, die heutige Technologie zu nutzen und, insofern möglich, virtuelle Rundgänge durch das zu erschaffende Projekt zu machen, die Möbel im Maßstab zu integrieren, damit die Räume richtig dimensioniert werden, so lebensecht wie möglich gestalten. Nur dann fallen im Nachhinein unangenehme beziehungsweise vermeidbare Dinge auf. Wenn es zur Ausführung kommt, bleiben nur noch vernünftige Handwerker als Partner zu finden. Und hier gilt wie bei allem: So lokal wie möglich. Nicht nur, dass wir das Glück haben, ausgezeichnete Betriebe in unserer nächsten Umgebung zu haben. Wir halten dabei auch die Wege kurz und sichern Arbeitsplätze und Wohlstand in unserer Gegend. Der Kreis schließt sich spätestens beim Unterhalt oder bei Änderungen, wenn der nötige Handwerker nur zwei Straßen weiter wohnt und gerne flott hereinspringt…