Elsenborn, du schläfrige Schönheit



„Willkommen in Elsenborn“ thront in großen Schriftzügen an den Eingängen des Heimatortes der „Krohne“. Auf fast allen Einfallstraßen wird man angesichts des Fahrbahnzustandes regelrecht durchgeschüttelt. „Wenigstens ist man wach, wenn man in Elsenborn ankommt“, lacht Werner Grün. Er ist Bäcker in der gleichnamigen Bäckerei, die seit 1955 an diesem Standort existiert. Zur damaligen Zeit, aber auch in den ersten Jahrzehnten danach, existierten in Elsenborn noch zahlreiche Kneipen, Hotels und Geschäftsflächen: Metzgereien, Bäckereien, Schuster, Konfektionshäuser, Lebensmittelläden, Banken, Garagen usw. Heute ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. Im eigentlichen Zentrum bleibt die Bäckerei Grün sowie das Lokal „Pitter’s“ der Famlie Thönnes mit Brasserie-Restaurant und Fritüre. Auf der Straße in Richtung Kulturzentrum Herzebösch und Militärlager findet man zwar noch Autohäuser, die Tankstelle Rauw mit kleinem Shop sowie das Restaurant Griesdeck, doch diese liegen teils schon etwas weiter vom Schuss. „Besonders für weniger mobile Menschen ist das ein Problem“, sagt Peter Thönnes.

Wenigstens ist man wach, wenn man in Elsenborn ankommt.

Werner Grün, Bäckermeister

Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man mobile Verkaufswagen antrifft, die verschiedene Haushalte abklappern. Die meisten Einwohner zieht es zum Einkauf jedoch in die umliegenden Dörfer, besonders nach Bütgenbach: „Nach der Gemeindefusion wurde dort alles zentralisiert“, stellt Peter Thönnes fest. In der Bäckerei Grün sieht man es ähnlich. Man macht aber auch einen anderen Grund ausfindig: „Die Familien haben heutzutage kaum noch Zeit. Also muss auch der Einkauf schnellstmöglich erledigt werden. Daher ist es auch einfacher, alles an einem Ort zu besorgen. Darunter leiden wir natürlich“, sagt Astrid Grün-Goffart, die gemeinsam mit ihrem Mann die Bäckerei führt. „Wir geraten dadurch auch in eine Art Teufelskreis. Gerne würden wir den Kunden ein breiteres Angebot bieten. Da es jedoch weniger Kunden werden, müssen wir gezwungenermaßen unser Angebot reduzieren, wodurch es natürlich auch nicht besser wird.“ Glücklicherweise bietet die Bäckerei noch ihren Lieferdienst an, der wie Werner Grün erklärt, einen Großteil der Einnahmen ausmacht.

„Wenn wir zu einer gewissen Jahreszeit Früchte bestellen wollen, dann verlangt man gleich, dass wir eine ganze Palette kaufen. Aber was sollen wir damit anstellen?“

Aber selbst dabei kann seine Frau Astrid Veränderungen erkennen: „Die Familien scheinen nicht mehr so strukturiert zu sein wie früher. Ich sehe es ja auch in meinem eigenen Umkreis. Früher wusste man genau: Diese Familie nimmt samstags zehn Brötchen. Das hat man heutzutage kaum noch. Planungssicherheit haben wir also kaum noch.“ Lange muss das Ehepaar sich diese Sorgen nicht mehr machen, da Werner Grün sich zum Ende des Jahres 2018 pensionieren lassen möchte. Einen Nachfolger wird es wohl nicht geben, damit haben sich die beiden schon abgefunden: „Für mich und meine Familie hat es stets gereicht. Doch ein junger Familienvater wird angesichts der Bilanzen schnell erkennen, dass es durchaus gewinnbringendere Geschäfte gibt“, so Werner Grün.

Was den kleinen Bäckereien oft Probleme bereitet, sind die Bestellungen: „Wenn wir zu einer gewissen Jahreszeit Früchte bestellen wollen, dann verlangt man gleich, dass wir eine ganze Palette kaufen. Aber was sollen wir damit anstellen? Daher müssen wir in kleineren Mengen, jedoch für einen höheren Preis kaufen. Verhandeln wie die großen Firmen können wir nicht. Aber wenn wir Kleinen mal weg sind, dann werden die Großen plötzlich zu den Kleinen. Wer weiß, was für Probleme sie dann erwartet“, sagt Werner Grün, auch wenn er den Kleinhandel nicht komplett abschreiben möchte: „In Nidrum hat man das Beispiel mit Inge Lentz, die ein gutes Geschäft führt. Einen solchen Laden in Elsenborn zu haben, wäre toll. Denn die aktuelle Tendenz kann in einigen Jahren auch anders aussehen, da doch immer mehr Menschen wieder Wert auf Qualität legen.“ Sein Leben als Bäcker wird er niemals bereuen. Auch seine Frau nicht: „Wir hatten unsere Stammkundschaft, die teilweise von weiter entfernt kam. Es hat uns immer viel Freude bereitet, besonders der direkte Kontakt zu den Menschen.“

Dies sind auch die Gründe, weshalb die Familie Thönnes den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hat. Anders als bei der Bäckerei steht man bei „Pitter’s“ nach dem Umbau des Cafés in eine Brasserie mit Restaurant erst am Anfang einer neuen Herausforderung. „Vor 31 Jahren haben wir das Café übernommen. In den letzten Jahren haben wir gemerkt, dass man von Kneipe alleine nicht mehr leben kann. Auch nicht mehr von der Kegelbahn, da heute die meisten lieber Bowling spielen gehen“, sagt Peter Thönnes, dem in den letzten Jahren auffiel, dass die Zahl der typischen Kneipengänger deutlich zurückgegangen war. „Das Rauchergesetz hat da natürlich eine große Rolle gespielt. Auch besitzen die meisten Vereine in ihren Räumlichkeiten einen Ausschank.“ Diese und andere Gründe bewegten das Ehepaar Thönnes zum Umbau: „Es war ein gewagter Schritt und eine Veränderung sowohl für uns als auch für die Kundschaft. Doch bisher können wir sagen, dass es sich gelohnt hat.“

Aber es ist Potenzial für mehr. Da ist sich Nadia Thönnes-Cremer sicher: „Von politischer und touristischer Seite könnte mehr gemacht werden, damit die Leute nach Elsenborn kommen. Wir haben so eine schöne Ecke, die vielen überhaupt nicht bekannt ist. Das Potenzial ist da, sowohl für Wanderer als auch für Skifahrer.“ In diesem Sinne hofft die Familie auf einen „guten“ Winter mit viel Schnee: „Den hatten wir die letzten Jahre leider nicht. Es wird also nochmal Zeit für die weiße Pracht“, hofft Peter Thönnes in diesem Jahr auf Besserung. Denn der Wander- und Skitourismus zieht viele Leute an: „Die Menschen müssen keine Angst haben, bei uns einzukehren, auch wenn sie nach dem Wandern etwas dreckiger sind“, betont Nadia Thönnes, die ebenfalls hofft, dass sich Touristen und Einheimische auch zu Besuchen in der Woche verleiten lassen: „Die meisten Leute kommen am Wochenende, aber wir bieten beispielsweise am Freitag auch ein Tagesgericht an. So können wir Menschen, die wenig Zeit haben, auch etwas bieten.“ Auch die Jugend scheint bedient zu sein: „Wir stellen fest, dass immer mehr junge Menschen aus essen gehen. Diese Tatsache ist natürlich eine tolle Sache“, freut sich Peter Thönnes. Denn die Jugend stellt die Zukunft dar. Und auf diese muss ein Restaurantbetreiber bauen: „Wir hoffen, dass wir noch viele Jahre hierbleiben können.“

Zu diesen und anderen Themen reden die GE-Journalisten Allan Bastin und Jürgen Heck bei der Talkrunde am Sonntag, 13. November, ab 11 Uhr im Saal des Cafés Herbrand in Nidrum mit Nicole Herbrand, Raymond Dahmen, Mario Noël und Gerhard Reuter.