Bruno Kartheuser findet sich zu Unrecht an den Pranger gestellt

<p>Bruno Kartheuser: „So dürfte eine öffentliche Einrichtung nicht wursteln.“</p>
Bruno Kartheuser: „So dürfte eine öffentliche Einrichtung nicht wursteln.“ | David Hagemann


Es ist nur eine kleine Textstelle, doch sie beinhaltet Sprengstoff: Im vierten Band der Reihe „Grenzerfahrungen“, der die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen in den Mittelpunkt rückt, befasst sich ein Kapitel auch mit der Geschichtsschreibung in dieser und über diese Epoche.

Dabei wird auch Bruno Kartheusers mehrbändiges Werk über das durch die Waffen-SS begangene Massaker in der zentralfranzösischen Ortschaft Tulle am 9. Juni 1944 thematisiert. Der erste Band (erschienen 2001) setzt sich mit dem aus St.Vith stammenden Walter Schmald auseinander, der die Geiseln aussuchte. Obschon die Arbeit Kartheusers von vielen Seiten – auch international – anerkannt ist, kommt diese in dem „Grenzerfahrungen“-Beitrag von Carlo Lejeune und Christoph Brüll schlecht weg. Seine Untersuchung habe den Nachteil, „dass Kartheuser als Akteur in der Hermann-Niermann-Affäre seine antifaschistisch-ideologischen Thesen durch eine wohl bewusste Auslassung wesentlicher bekannter Fakten zu beweisen suchte. Zudem zeigt die Arbeit sehr deutliche Schwächen im kritischen Umgang mit Quellen und in der Kontextualisierung“, so Lejeune und Brüll in ihrem Text. Angesichts dieser Vorwürfe versteht Bruno Kartheuser die Welt nicht mehr.

In einem Schreiben, das er als Kopie auch den Medien und „ausgewählten Persönlichkeiten“ zukommen ließ, richtete er sich in dieser Woche an Carlo Lejeune und Christoph Brüll. Er schreibt: „Ihre Kritik ist ungeheuerlich. Nicht nur, dass ein solcher polemischer Stil und eine solche pauschale Diffamierung dem Anspruch eines objektiven und offiziellen Geschichtswerks nicht angemessen sind, es ist mir auch unbegreiflich, auf welche Stellen meines Werkes diese Vorwürfe sich gründen.“ Für jeden normalen Leser stelle „diese total abschätzige Bewertung“ einen Rundumschlag dar. „Die Kritik ist pauschal, sie wird nicht begründet und klingt so, als könnte man sie unzählige Male untermauern, was Sie aber unterlassen.“ Die Vorwürfe sollten an Beispiele festgemacht werden, fordert er. Der wissenschaftliche Beirat des Zentrums für Ostbelgische Geschichte hat das Publikationskonzept von „Grenzerfahrungen“ begleitet. Fünf Historiker aus dem sechsköpfigen Gremium seien aber gleichzeitig Autoren des neuen Buches. „Der ‚Beirat‘ kontrolliert also sich selber? Auch Sie beide sind Mitglieder des ‚Beirates‘. Sie diffamieren einen Außenstehenden und stellen zugleich die Kontrollautorität der Reihe dar. Außerdem fungieren Sie als die Herausgeber! Ich halte fest: Ihrer Struktur und Ihrer Praxis fehlt der deontologische Rahmen und damit die Seriosität. So dürfte eine öffentliche Einrichtung nicht wursteln“, findet Bruno Kartheuser.

Die Historiker Klaus Pabst und Andreas Fickers hätten seinerzeit als Lektoren das Manuskript geprüft: „Keiner von beiden hat mir in irgendeiner Weise Anmerkungen im Sinne Ihrer Anwürfe gemacht.“ Und die Anmerkung, sein Werk sei wegen der „zahlreichen Provokationen und zum Teil persönlichen Angriffe“ des Autors auf Zeitgenossen in Ostbelgien in historischen Kreisen nicht rezensiert worden, widerlegt er mit Hinweis auf zahlreiche Rezensionen des Buches, die im Laufe der Zeit erschienen sind.

Kommentare

Kommentar verfassen

0 Comment