Zur Wahl in Deutschland: Raus aus dem Hamsterrad, nicht nur am Wahlsonntag

Wahlen sind wichtig, doch viel wichtiger ist, was jeder selber tun kann, um die Lebensumstände aller zu verbessern, findet GE-Redakteur Mario Vondegracht. | dpa



Am Sonntag wird Deutschland einen neuen Bundestag wählen. Es war ein softer Wahlkampf. Falls der nächste Urnengang im Nachbarland wieder so zahm abläuft, sollte man dort über den Begriff „Kampf“ noch einmal nachdenken. Angela Merkel – seit zwölf Jahren im Amt – hat nicht nur jeden Angriff mit arroganter Nonchalance pariert. Die 63-Jährige hat es auch geschafft, dass der vermeintliche Erfolg Deutschlands an ihrer Person festgemacht wird. Das ist insofern erstaunlich, weil das so gar nicht stimmt. Es ist ein Trugschluss, der mit Gerhard Schröder, der starken Exportwirtschaft und dem internationalen Finanzmarkt zu tun hat. Große Projekte, große Visionen? Fehlanzeige. Und es ist viel schlimmer: Meistens hat die alte und wohl auch neue Bundeskanzlerin (eigentlich geht es nur noch darum, wer mit der CDU-Politikerin als Juniorpartner koaliert) einfach die Ideen der anderen über- und auf beeindruckende Art und Weise für sich in Anspruch genommen. Sei es der Atomausstieg, das Ende der Wehrpflicht, die Einführung eines Mindestlohns, die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem oder die gesetzlich festgelegte Frauenquote in den Aufsichtsräten börsennotierter Großunternehmen.

Doch darum soll es an dieser Stelle gar nicht gehen. Es geht um die Wähler und Nichtwähler, die ständig „über das korrupte System“ nörgeln, per se „die da oben“ verteufeln und fordern, dass „die Politiker endlich mal etwas ändern“. Doch so einfach ist das leider nicht – auch hier bei uns. Jeder sollte sich die Frage stellen, was er selber verändern kann. Es ist immer einfach, einen Schuldigen für die Miseren in Deutschland, Belgien, Europa und den Rest der Welt zu benennen. Die AfD ist die parteigewordene Wirklichkeit dieses Phänomens. Dabei gibt es so viele Baustellen, bei denen das Volk selbst vorangehen kann. Fangen wir mit uns an und verbessern das System von innen heraus. Stört der Stau auf der Autobahn? Dann sollte man nicht mehr bei Zalando kaufen. Ist die Landwirtschaft am Boden? Dann sollte man nicht mehr sein Fleisch bei Aldi kaufen.

Es reicht eben nicht nur aus, alle paar Jahre ein Kreuz zu machen und sich ansonsten nur auf sich selbst und sein persönliches Glück zu konzentrieren bzw. im Hamsterrad unreflektiert seine Runden zu drehen und zu sagen: „Was kümmert mich das denn?“ Weniger Ego, mehr Sinn für die Mitmenschen, die Umwelt. Das wäre ein guter Anfang.