Zum Gruseln: „Menschen brauchen Monster“

Die Zeichnung dieses geheimnisvollen Mischwesens befindet sich an der Wand eines urzeitlichen Kultplatzes. Ein Beleg dafür, dass die Geschichte der Monster eng mit dem Kultischen, Magischen, ja Übersinnlichen verknüpft ist. Gibt es von hier eine Verbindung zu den Zombies, Darth Vaders und Krümelmonstern der Moderne? Dieser Frage geht der Wissenschaftsjournalist Hubert Filser in seinem Buch „Menschen brauchen Monster“ nach. Es ist ein im wahrsten Sinne des Wortes monströses Thema, dem er sich da angenommen hat. Denn die Geschichte der Monster geht, wie das Beispiel der steinzeitlichen Höhle zeigt, nicht nur in Urzeiten zurück, sie lässt sich auch endlos ausdehnen, je nachdem wie weit man den Begriff des Monsters fasst. Gehören berüchtigte Massenmörder und Diktatoren wie Hitler und Stalin auch dazu oder soll man sich auf rein fiktionale Gruselgestalten beschränken? Nicht immer gelingt dem Autor hier eine klare Abgrenzung. Wirklich eindrucksvoll ist, in welcher Weise Monster die Weltliteratur bevölkern. Homers Odyssee wimmelt geradezu von Ungeheuern und abscheulichen Fabelwesen. Da gibt es einäugige Riesen, das Seeungeheuer Skylla und die ins Verderben lockenden Sirenen – halb Fisch, halb Frau. Monster und Dämonen, erschreckende Tier-Mensch-Wesen tauchen auch in den Sagen anderer Völker auf, etwa bei den Ägyptern und Sumerern, aber ebenso bei den nordischen Völkern.

Die Ungeheuer in diesen Mythen, so Filser, sollen uns zum einen vor drohenden Gefahren und Versuchungen warnen, zum andern verkörpern sie die tiefsitzenden Ängste, die dunkle Seite in uns selbst. Diese Motive haben sich über die Jahrtausende nicht geändert, nur die Monster haben sich den Zeiten angepasst. So schuf Mary Shelley Anfang des 19. Jahrhunderts in ihrem Roman „Frankenstein“ ein menschliches Monster. Diese missratene Kreation, entstanden aus dem Wahn des Menschen, selbst zum Schöpfer zu werden, verkörperte das Unbehagen vor der damals neuen Wunderwelt der Technik und ihren scheinbaren Verheißungen.

Das japanische Filmmonster Godzilla, das 1954 das Licht der Welt erblickte, ist als Sinnbild des Schreckens nach den verheerenden Atombombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki entstanden. Später, als die bemannte Raumfahrt boomte, hatten vor allem Aliens, monströse Eindringlinge aus fremden Welten, Hochkonjunktur. Man sieht: Auch Monster sind der Mode unterworfen. Neben diesem zentralen Rückblick auf die Geschichte der Monster beleuchten Exkurse einzelne Aspekte wie die „gruseligsten Filmmonster“, „die unheimlichsten Orte“ und die „schrecklichsten Serienmörder“, wobei gerade dieses letzte Kapitel den Rahmen sprengt, sind doch Mörder nun einmal keine erfundenen Wesen, sondern traurige Realität. (dpa)