Wird Monsanto für Bayer zum „Fass ohne Boden“?

Ein Gericht in Kalifornien sah einen Zusammenhang zwischen Unkrautvernichtern der Bayer-Tochter mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat und der Krebserkrankung eines 46-jährigen Platzwarts als erwiesen an. Der erste von vielen solcher US-Prozesse zeigt, dass Monsanto für den Bayer-Konzern ein großes Risiko bleibt. Einen Antrag Monsantos auf einen neuen Prozess wies Richterin Suzanne Ramos Bolanos am Montag (Ortszeit) in San Francisco ab.

Sie will die in einem früheren Urteil verhängten Schadenersatzzahlungen aber stark senken. Statt der im August von einer Geschworenenjury beschlossenen insgesamt 289 Millionen Dollar hält Bolanos eine Entschädigung von nur 78 Millionen Dollar (68 Mio Euro) für angemessen. Der Kläger Dewayne „Lee“ Johnson muss bis zum 7. Dezember mitteilen, ob er weniger Geld akzeptiert. Falls nicht, würde das Strafmaß doch noch in einem weiteren Prozess neu verhandelt werden.

Bayer will das revidierte Schadenersatzurteil anfechten. Die deutliche Reduzierung des Strafschadenersatzes durch das Gericht sei „ein Schritt in die richtige Richtung“, doch sei man nach wie vor überzeugt, dass das Urteil im Widerspruch zu den im Prozess vorgelegten Beweisen stehe, teilte der Konzern mit. Dass der Schuldspruch angesichts zahlreicher weiterer US-Klagen gegen Monsanto ein schlechtes Omen ist, machte sich auch an der Börse bemerkbar – die Bayer-Aktie brach zeitweise um rund zehn Prozent ein. Nach einer Anhörung vor anderthalb Wochen hatte Richterin Bolanos dem Konzern zunächst noch große Hoffnung gemacht, das Urteil zu kippen.

Kläger Johnson macht Monsanto-Unkrautvernichter wie Roundup und Ranger Pro für seinen Lymphdrüsenkrebs verantwortlich. Die Geschworenenjury hatte der Argumentation seiner Anwälte weitgehend zugestimmt und es nicht nur als erwiesen angesehen, dass Monsantos Produkte Krebs verursachen, sondern auch, dass der Hersteller vor den Risiken nicht ausreichend gewarnt und dabei sogar vorsätzlich gehandelt habe. Richterin Bolanos empfand jedoch insbesondere den sogenannten Strafschadenersatz von 250 Millionen Dollar – der Großteil der zunächst verhängten Gesamtzahlung – als zu hoch. Für Monsantos Konzernmutter Bayer, die den US-Saatgutriesen mit Sitz in St. Louis erst Mitte des Jahres für rund 63 Milliarden Dollar übernommen hatte, ist die Entscheidung des Gerichts von enormer Bedeutung. Denn in den USA laufen rund 8.700 Klagen wegen möglicher Erkrankungen durch Glyphosat gegen Monsanto. Johnson hatte Anrecht auf einen schnelleren Prozessbeginn, da er wegen der Krebskrankheit nicht mehr lange leben dürfte. Der erste vor Gericht verhandelte Glyphosat-Fall ist besonders öffentlichkeitswirksam und könnte richtungsweisend für die vielen anderen US-Klagen sein.

Ob Monsantos Verkaufsschlager Roundup Krebs verursacht, bleibt jedoch umstritten. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte den Unkrautvernichter 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen ein. Monsanto und Bayer weisen dies vehement zurück und verweisen auf „mehr als 800 wissenschaftliche Studien, die US-Umweltbehörde EPA, die Nationalen Gesundheitsinstitute und Aufseher weltweit“, die den Unternehmen zufolge besagen, dass Glyphosat keine Krebsrisiken birgt. (dpa)