Wird Hitler-Haus abgerissen oder umgestaltet?

Das Geburtshaus von Adolf Hitler in Braunau. Matthias Roeder/dpa | Matthias Röder/dpa

Unter Berufung auf die 13 Historiker, Juristen, Verwaltungsfachleute und Politiker der Kommission hatte Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zu Beginn der Woche den Abriss des Gebäudes und einen Neubau an gleicher Stelle angekündigt. Diese Lesart alarmierte die Experten wenig später. Ein Abriss würde „einer Verleugnung der NS-Geschichte in Österreich gleichkommen“, meldete sich für die Kommission der Historiker Oliver Rathkolb zu Wort. Also, was nun?

Im Abschlussbericht heißt es: Die Kommission ist dagegen, eine leere Fläche anstelle eines Gebäudes zu erzeugen. Die Variante „Abriss pur“ war damit vom Tisch – und zwar einstimmig, wie Rathkolb am Dienstag weiter erklärte. Eine andere, in den vergangenen Jahren immer wieder diskutierte Variante kam für die Experten ebenfalls nicht infrage: Die museale Nutzung. Die Neonazis würden ein Museum – selbst wenn es zutiefst aufklärerische Absichten verfolge – wohl eher als Attraktion empfinden. „Die Symbolik und Aura seines Geburtsortes dient der Identifikation mit der nationalsozialistischen Ideologie und der Person Hitlers“, warnen die Fachleute. Zuletzt kamen immer wieder Bustouristen, zum Beispiel aus Ungarn, die sich vor dem Haus in Braunau fotografieren ließen. Als Königsweg wird eine „tiefgreifende architektonische Umgestaltung“ empfohlen, die dem Gebäude den Wiedererkennungswert und damit die Symbolkraft entziehe. „Darin kann man zum Beispiel ein Finanzamt oder eine karitative Einrichtung unterbringen“, sagte Rathkolb.

Was ein Schlussstein unter den jahrelangen Debatten sein sollte, wurde wegen des vom Minister strapazierten Schlüsselworts „Abriss“ zu einem Aufreger. Am Dienstag ließ Sobotka alle Möglichkeiten der Umgestaltung offen: „Wie man das jetzt macht, ob mit einer Vorsetzung, einer neuen Schale oder einem kompletten Abriss, das wird man sehen“, sagte er im ORF-Radio.

Das sieht wiederum die Kommission etwas enger: „Zwischen einer architektonischen Umgestaltung und einem Vollabriss liegen Welten“, sagte Rathkolb. So verwirrend im Detail die Pläne nun wirken, so klar ist doch immerhin der weitere Ablauf. Der Innenausschuss des Parlaments wollte noch am Dienstag die von der Regierung bereits im Sommer beschlossene Enteignung des Grundstücks auf den Weg bringen. Nach Abschluss des parlamentarischen Prozesses könnte die Enteignung Ende des Jahres in Kraft treten.

Der Dauerstreit mit der Besitzerin wäre beendet, eine Entschädigungszahlung fällig. Ein Architektenwettbewerb soll dann für Klarheit sorgen, welche Nutzung unter welchen Voraussetzungen möglich ist. Der Streit um die Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes in der 16.000-Einwohner-Gemeinde an der österreichisch-deutschen Grenze dauert schon seit 2011. Damals weigerte sich die Besitzerin, das im Kern mehrere hundert Jahre alte Haus zu sanieren. Der Staat als Mieter überwies seitdem insgesamt rund 300.000 Euro als Miete für ein leer stehendes Gebäude.

Für Bürgermeister Johannes Waidbacher galt in der Nutzungsdiskussion immer der Grundsatz: „Wir wollen einen historisch korrekten Umgang mit dem Hitler-Haus.“ Jetzt sollen die Architekten das letzte Wort haben. (dpa)