Wilde Trump-Satire: „Pussy“

Die Parallelen zu Trump sind in Howard Jacobsons Buch „Pussy“ kaum zu übersehen. | afp

Um Bücher macht er einen großen Bogen, seine Informationen bezieht er nur aus „Brightstar“ und sein rudimentärer Wortschatz besteht vor allem aus Zoten. Eingemauert in den 117.Stock seines Towers kreist der Junge nur um sich selbst, Empathie ist für ihn ein Fremdwort.

Die alarmierten Eltern engagieren einen Rhetorik-Trainer und einen Life Coach, um den geistigen Tiefflieger auf Vordermann zu bringen. Ansonsten steht zu befürchten, dass aus der Dumpfbacke einmal ein gruseliges Staatsoberhaupt wird. Das kommt Ihnen bekannt vor? Klar, die Parallelen zu Trump sind in Howard Jacobsons Buch „Pussy“ kaum zu übersehen. Und sie sind auch gewollt, versteht sich der Roman doch als Satire auf den derzeitigen US-Präsidenten.

Interessanterweise entstand das Buch des renommierten Booker-Preisträgers direkt nach der Amtsübernahme Trumps. Es ist das Ergebnis eines gewaltigen Furors des Autors, Ausdruck seines immensen Schreckens darüber, „dass so etwas Absurdes geschehen war“, wie Jacobson in einem Interview erklärte. Er habe sich gefragt, wie eine solche Figur wie Trump es überhaupt in das höchste Amt geschafft habe. „Pussy“ ist für ihn deshalb auch weniger die Geschichte von Trump als die der Gesellschaft, der er seine Position zu verdanken habe. Doch sollte das tatsächlich der Fokus dieses Romans gewesen sein, so ist er misslungen. Denn die Gesellschaft, das Volk, das das Monster ja erst möglich machte und dem Jacobson den Spiegel vorhalten will, kommt in der Erzählung nur als fernes Hintergrundrauschen vor.

Stattdessen konzentriert sich die Geschichte fast ausschließlich auf den Palast in seiner spätrömischen Dekadenz und auf die Eskapaden des missratenen Zöglings Fracassus. Dieser wird schließlich mit seinen Lehrern auf eine Art Bildungsreise zu diversen Nachbarstaaten geschickt. Doch das Einzige, was der machtverliebte Jungspund dort lernt, ist das Einmaleins der Tyrannenherrschaft. Der erste Potentat lehrt ihn, seine Versprechen nie einzuhalten und immer standhaft bei seinen Lügen zu bleiben, denn „einem halbherzigen Lügner verzeiht das Volk nicht“.

Der zweite starke Mann, ein schwulenfeindlicher Kraftmensch namens Spravchik, Meister im Armdrücken mit Bären, imponiert Fracassus mit seiner offen zur Schau getragenen Männlichkeit. Dass dieser putineske Großkotz massiv Menschenrechte verletzt und einfach ohne Vorwarnung in fremde Länder einmarschiert, who cares?

Man sieht schon, das alles kommt nicht fein ziseliert, sondern ziemlich grob gestrickt daher. Es ist Humor mit dem Holzhammer. Wirklich lustig ist diese breitgetretene Satire nicht, Wut fürs Schreiben ja auch kein besonders guter Ratgeber. Das eigentliche Problem mit Trump ist aber Folgendes: Es fällt schwer, die alltägliche Twitter-Realsatire in Washington noch belletristisch zu übertreffen. Kein Autor kann sich so etwas Groteskes ausdenken. (dpa)