Vor 100 Jahren führten die USA die Prohibition ein

Dass der Alkoholkonsum sich in den USA des 19. Jahrhunderts weit verbreitet hat, daran waren auch deutsche Einwanderer beteiligt. Sie hatten die Kunst des Bierbrauens mitgebracht, dazu kamen bessere Kühlmethoden und einfacherer Transport per Eisenbahn. Aber je größer die Verbreitung, desto größer wurde auch der Widerstand: Vor allem religiöse Puritaner mit der alkoholfeindlichen Prohibition Party als politischem Arm bekämpften das Teufelszeug. Ihrem immensen Druck wurde am Mittwoch (16. Januar) vor genau 100 Jahren stattgegeben: Die Prohibition wurde als 18. Zusatz zur Verfassung ratifiziert. Ein Jahr später trat das Verbot von Herstellung, Transport und Konsum von Alkohol in Kraft.

Seit dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 brauchte das Land seine Getreideproduktion auch zur Versorgung mit Nahrungsmitteln.

Zuvor hatten bereits zahlreiche Bundesstaaten ihre eigenen Alkoholverbote erlassen. Ausnahmen gab es nur für religiöse und medizinische Zwecke, alles musste dokumentiert werden und wurde streng kontrolliert. Seit dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 brauchte das Land seine Getreideproduktion auch dringend zur Nahrungsmittelversorgung - und die vielen deutschstämmigen Bierbrauer im Land konnten so an der Produktion gehindert werden. Die Prohibition sollte das Land vor moralischem und sozialem Verfall schützen. „Im 19. Jahrhundert war Alkohol ein wirklich großes Problem in diesem Land“, sagte Daniel Okrent, der ein Buch über die Prohibition geschrieben hat, jüngst dem „Time“-Magazin.

„Er wirkte sich destruktiv auf das Familienleben aus. Männer gingen in die Kneipen, versoffen das Geld für ihre Häuser, tranken so viel, dass sie am nächsten Tag nicht arbeiten konnten, schlugen ihre Ehefrauen, missbrauchten ihre Kinder. Das hat die Bewegung gegen den Alkohol losgetreten.“ Aber eine Nation mit damals bereits mehr als 100 Millionen Menschen ließ sich nicht so einfach trockenlegen. Vielerorts waren vorsorglich Vorräte angelegt worden, die Preise für heimlich erworbenen Alkohol stiegen und stiegen. Der Alkoholkonsum sei zu Beginn der Prohibition um schätzungsweise etwa 30 Prozent gefallen und dann immer weiter wieder angestiegen, sagt Experte Okrent. Die Prohibition veränderte die USA nachhaltig - aber nicht so wie von den Puritanern erhofft. In erster Linie profitierten Gangster und Schmuggler, die die illegale Alkoholversorgung des Landes sicherstellten. Die Korruption und der Schwarzmarkt mit seinen geheimen Trinkstuben, Speakeasys genannt, brummten. Gangster wie Lucky Luciano, Meyer Lansky, Frank Costello und Al Capone machten Karriere. Und das Trinkverhalten veränderte sich: Hatten Männer und Frauen früher meist getrennt voneinander getrunken, feierten sie in den Speakeasys nun gemeinsam.

Der Widerstand in der Bevölkerung wuchs und - angesichts der steigenden Kriminalität und Korruption - bald auch der in der Politik. Am 5. Dezember 1933 - nach rund 13 Jahren Trockenheit - hob der Kongress durch den 21. Verfassungszusatz die Prohibition in den USA wieder auf, auch weil aufgrund der Wirtschaftskrise dringend Einnahmen aus einer Alkoholsteuer gebraucht wurden.

Spuren hat die Prohibition in den USA aber bis heute hinterlassen. Immer noch gibt es beispielsweise in einigen Bundesstaaten sogenannte „dry counties“, trockene Bezirke, in denen kein Alkohol verkauft werden darf. „Die große Ironie der Aufhebung der Prohibition ist, dass es danach schwieriger wurde zu trinken“, sagt Experte Okrent. Während der Prohibition habe man einfach nur in ein Speakeasy gehen oder jemanden bestechen müssen. Danach aber seien mit der Wiedereinführung des legalen Alkohols auch zahlreiche Kontrollen und Beschränkungen wie ein Mindestalter eingeführt worden - von denen viele bis heute gelten. Speakeasys sind inzwischen zurück - und gelten besonders in den Großstädten der USA heute wieder als schicke und trendige Ausgehorte, gerne versteckt in Kellern, mit Alkohol aus Tassen und geheimen Passwörtern am Einlass. Das sei allerdings damals während der Prohibition anders gewesen, sagt Experte Okrent.

„Es gab keine Passwörter in New York oder Chicago 1925 oder 1926. Wenn man einen Drink wollte, wusste man, wo man den bekommt. Der Mythos der Speakeasy-Kultur ist ein Produkt aus Hollywood und nicht aus der Prohibition.“ (dpa)