UN einigen sich auf Flüchtlingspakt

Krieg, Gewalt, Verfolgung: 68,5 Millionen Vertriebene (im Bild Rohingya-Flüchtlinge) gibt es nach Angaben der Vereinten Nationen weltweit. Dazu, dass es ihnen besser geht, soll der UN-Flüchtlingspakt beitragen. | Km Asad/ZUMA Wire/dpa

Nur zwei der Kästchen leuchten am Ende rot auf – zwei rote Punkte zwischen 181 grünen Feldern im Abstimmungsergebnis zum neuen UN-Flüchtlingspakt. Mit dieser überragenden Mehrheit haben die Vereinten Nationen nach Annahme des Migrationspakts in Marokko für einen weiteren Pakt zum Thema gestimmt. Er soll Flüchtlingen mitunter besseren Zugang zu Schulen, Arbeit und Gesundheitsversorgung verschaffen. Nur die USA und Ungarn stimmten mit Nein. Drei Länder enthielten sich, sieben blieben der Sitzung am Montag fern.

Fast sang- und klanglos ging die Abstimmung im UN-Plenarsaal über die Bühne, eine Sache von Minuten zwischen Debatten zu den Rechten Indigener und zu Menschenhandel. Rechtlich bindend ist der sogenannte „Global Refugee Compact“, über den seit September 2016 verhandelt wurde, wie auch der Migrationspakt nicht. Für den Umgang mit Flüchtlingen gelten weiter die Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und anderer internationaler Abkommen. Konkrete Vorgaben darüber, wie viele Flüchtlinge ein Land aufnehmen sollte, macht er auch nicht. Vertreter rechter Parteien und Lager hatten trotzdem gegen die Übereinkunft Stimmung gemacht. Nationalisten, Populisten und Rechtsextreme hätten Falschinformationen über den Pakt verbreitet, teilte die Norwegische Flüchtlingshilfe (NRC) mit. Der Pakt sei aber der Versuch, flüchtende Menschen „zivilisiert und mit etwas Verstand“ zu schützen, twitterte NRC-Generalsekretär Jan Egeland.

„Dieses Paket öffnet eine Hintertür für die Ankunft von Migranten in Europa“, sagte auch Ungarns Außenminister Peter Szijjarto, dessen UN-Delegation gegen den Pakt stimmte. Tschechien stimmte unerwartet dafür, obwohl Regierungschef Andrej Babis ihn in einem Interview am selben Tag noch strikt abgelehnt hatte. Aus diplomatischen Kreisen hieß es, dass der sozialdemokratische Koalitionspartner CSSD den populistischen Ministerpräsidenten noch kurzfristig habe umstimmen können. Der Flüchtlingspakt soll vor allem von Armut und geringem Einkommen geprägte Länder stärken, die sehr viele Flüchtlinge aufnehmen. 80 Prozent der Flüchtlinge weltweit leben verteilt in nur zehn Ländern, die meisten davon in der Türkei, in Pakistan, Uganda und im Libanon. Auch Deutschland zählt zu diesen zehn Ländern.

Über den Erfolg des Pakts soll ab 2019 alle vier Jahre auf Ministerebene Bilanz gezogen werden. Bei diesem „Global Refugee Forum“ sollen Staaten auch Zusagen zu finanzieller und materieller Hilfe sowie Angebote zur Umsiedlung machen. Ab 2023 soll in diesem Rahmen überprüft werden, ob frühere Zusagen eingehalten wurden.

Ende 2017 gab es nach weltweit 68,5 Millionen Flüchtlinge, davon waren 40 Millionen Vertriebene im eigenen Land.

Ende 2017 gab es nach UN-Angaben weltweit 68,5 Millionen Flüchtlinge, davon waren rund 40 Millionen Vertriebene im eigenen Land. Auf den ersten Blick wirken der UN-Flüchtlingspakt und der in Marrakesch angenommene UN-Migrationspakt wie zwei Fassungen desselben Papiers. Die Vereinten Nationen fahren bei dem Thema aber zweigleisig, weil die Begriffe „Flüchtling“ und „Migrant“ nicht synonym sind. Nach internationalem Recht gelten für den Umgang mit Flüchtlingen auch andere Regeln als für den Umgang mit Migranten. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge sind Migranten Menschen, die ihren Wohnort verlassen – egal aus welchen Gründen, wie lange und ob freiwillig oder unfreiwillig. Flüchtlinge bilden dabei eine Untergruppe: Sie sind Migranten, die aus ihrer Heimat wegen Gewalt und Konflikten flüchten – etwa wegen des Kriegs in Syrien – oder weil sie dort verfolgt werden.

Zwei getrennte UN-Pakte gibt es auch deshalb, weil beide betroffenen Gruppen meist mit ganz anderen Herausforderungen kämpfen. Flüchtlinge werden zum Beispiel häufig in Notlagern untergebracht und humanitär versorgt. Hier geht es zunächst um ihr Überleben und die Frage, ob sie in ihre Heimat zurückkehren können. Migranten, die keine Flüchtlinge sind, müssen dagegen etwa vor Ausbeutung in Arbeitsverhältnissen an ihrem neuen Wohnort geschützt werden. Der Umfang beider Papiere ist in etwa gleich: Der UN-Flüchtlingspakt ist 21 Seiten und der UN-Migrationspakt 32 Seiten lang. Keines der beiden Dokumente ist rechtlich bindend. (dpa)