Trump trifft Putin: starke Männer unter sich

US-Präsident Donald Trump (r.) und der russische Präsident Wladimir Putin reichen sich bei einem Treffens beim G20-Gipfel die Hände. | Evan Vucci/AP/dpa



Beide regieren in einer Zeit, die in all ihrer politischen Unübersichtlichkeit die Lust auf den starken Mann mit großer Wucht hat zurückkehren lassen. Sie mögen Gepränge und Gold, Paraden und Bauchpinseleien – Donald Trump und Wladimir Putin vereint vieles. Nun treffen die Präsidenten der USA und Russlands in Helsinki zusammen. Ein Blick auf Eigenheiten und Männlichkeiten, abseits von Syrienkonflikt und Ukraine, Sanktionen und NATO-Streit.

Putin sieht sich seit jeher geleitet von der Mission, Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion zu alter Größe zurückzuführen. Trump, „Amerika zuerst“, will sein Land markig abschotten, aber ebenfalls wieder großmachen: „Make America Great Again“, als wäre es vor ihm schwach und klein gewesen. Beiden ist ein starker Hang zur Autokratie gegeben. Beide bedienen zuhause mit vollen Händen populistische Reflexe und Aversionen.

„Hoffentlich wird er eines Tages vielleicht ein Freund sein – könnte passieren.“

Trump äußerte vor dem Treffen die Hoffnung auf ein engeres Verhältnis zu Putin. „Hoffentlich wird er eines Tages vielleicht ein Freund sein – könnte passieren“, sagte Trump am Donnerstag am Rande des NATO-Gipfels in Brüssels. Putin sei aber vor allem sein Konkurrent. „Er ist nicht mein Feind. Ist er ein Freund? Nein, ich kenne ihn nicht gut genug. Aber die paar Male, als ich ihn getroffen habe, kamen wir gut miteinander aus“, sagte Trump.

Mit Blick auf das Treffen am Montag in Helsinki sagte Trump: „Ich hoffe, wir kommen gut miteinander aus. Ich denke, wir kommen gut miteinander aus. Aber am Ende ist er ein Konkurrent. Er repräsentiert Russland, ich repräsentiere die Vereinigten Staaten.“ Deshalb gehe es nicht um eine Frage von Freund oder Feind.

Russlands wie Amerikas politische Kulturen kennen mächtige Rituale. Während Putins Amtseinsetzung an ein zaristisches Zeremoniell erinnerte, sehnt Trump sich für Washington sehr nach einer stattlichen Militärparade. Im Weißen Haus ist der Goldanteil zwar noch nicht so hoch wie im Trump-Tower oder im Kreml, aber es schimmert schon sehr ordentlich.

So sehr beide gleichermaßen auf Inszenierungen Wert legen, so unterschiedlich operieren sie. Putin gilt als Kontrollfreak, sein Bild in der Öffentlichkeit ist sorgfältigst choreografiert. Trump lässt seine Auftritte zwar auch meistenteils durchkomponieren, ist aber doch ganz überwiegend der Großmeister des Jetzt, erst Erzeuger und sodann Gestalter eines selbstverursachten Durcheinander. In dessen Mitte verspricht er Rettung. Dass Trump allerdings wie Putin mit verblühten Cracks Eishockey spielen würde und dabei – Überraschung – die meisten Tore schießen darf, dazu würde der Amerikaner sich niemals hingeben.

Kopfkino: Was kann man sich einfacher vorstellen – Trump beim Judo oder Trump mit Burger? Putin (65) gilt als gut durchtrainiert. Trump (72) nicht. Er soll recht passabel golfen, schummelt aber. Ein sehr eigener Umgang mit der Wahrheit verbindet die Präsidenten. Trump hat sich und den Seinen längst eine parallele Welt erschaffen, oft genug hat sie nicht das Geringste mit der Realität zu tun.

In der „New York Times“ schrieb Thomas Friedman, Trump und Putin seien vom gleichen Holz. „Ihre Strategie: Immer weiter draufhauen, weiter lügen, abstreiten, das Gegenteil behaupten, ganz egal, wie unwahrscheinlich ein Dementi ist – und niemals, niemals entschuldigen. Denn wenn man im industriellen Maßstab lügt, sind alle überwältigt von ihrer schieren Schamlosigkeit. Es ist diese beständige Erosion der Normen, die Trump Amerika und die Putin der Welt antut.“

Der „Economist“: „Beide haben eine post-faktische Welt erbaut, die sie nun bewohnen. Der Trick besteht darin, einfach immer weiter das Gleiche zu behaupten, bis der Widerspruch erlahmt und die Gegner es einfach leid sind. Am Ende denken dann ausreichend viele, dass an den Behauptungen schon irgendwas dran sein muss.“ Immerhin, so denken viele, handelt es sich ja um gewählte Präsidenten. Schon deswegen sei ihr Wort von Gewicht. Äußerlich wiederum fallen bei den beiden Lenkern die Unterschiede ins Auge. Putin ist mit 1,70 im Vergleich zu Trumps 1,88 Metern ziemlich klein. Er kleidet sich stets in gedeckten Farben, während Trump schon krawattenmäßig das zu lang gebundene Laute schätzt.

Für ihre Gegner haben beide Männer kaum mehr übrig als Hohn und Spott

Der Amerikaner wird eigentlich nie anders als in Anzug oder Golfoutfit gesehen, der Russe dagegen in allerlei Spielarten von Sport- und Outdoorkleidung. Für ihre Gegner in Politik, Medien und Gesellschaft haben beide Männer kaum mehr übrig als Hohn und Spott, bei Trump oft auch auf dem niedrigsten Niveau. Beide haben sich ein perfektes mediales Ökosystem geschaffen, das ihnen als Verstärker und Resonanzboden dient. Putin, der Ex-KGB-Agent, gilt als hochintelligent, extrem lernfähig und gerissen. Trump, der Baumagnat mit ungewissen finanziellen Verhältnissen und Methoden, kam bar jeder politischen Erfahrung ins Amt. Bis heute denkt er Politik nicht als Prozess oder dickes Brett, sondern eher als Arena eines Reality TV. In der kennt er sich aus.

Jeder für sich, werden die beiden Präsidenten als misstrauisch beschrieben und auch als einsam. Einerseits weit vernetzt, gilt ihr engstes Umfeld doch als sehr klein. Wer unmittelbar für Trump oder Putin arbeitet, muss liefern – vor allem aber darf man kein schlechtes Licht auf den Boss werfen, sonst wird es eng. Trumps wie Putins Rhetorik ist schlicht, bei Trump oft auch plump. Gute Redner sind sie beide nicht. Aber um in Helsinki miteinander zu sprechen, muss auch das ja nicht zwischen ihnen stehen. (dpa)