Trends von der Möbelmesse IMM

Die Menschen suchen laut Trendanalysten - ganz allgemein gesprochen - derzeit eine ruhige, warme Höhle zum Entspannen und Entschleunigen - einen Ort abseits der aufgewühlten, von Konflikten belasteten und digitalen Welt.

Das zeigt sich auch auf der Internationalen Möbelmesse IMM Cologne in Köln (14. bis 20. Januar). Dort präsentieren Hersteller passende Möbel. Allerdings muss sich dieser Trend zum Einigeln mit weichen Kissen, runden Formen und sanften Farben, verstärkt die Präsenz mit dem Smart Home teilen. So trifft digitale Technik auf Gemütlichkeit im gleichen Zimmer - und das gelingt.

„Zwischen Hightech und Hygge“ nennt eine aktuelle Studie im Auftrag des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) dieses Spannungsfeld. Künftig werde die digitale Grundausstattung von Wohnungen selbstverständlich sein, aber die Technik werde im Hintergrund funktionieren. „Die Gestaltung der Wohnung wird vordergründig mehr den Aspekten Wohlfühlen und Gemeinschaft folgen.“ Hygge - ein dänischer Begriff - steht für das, was der Wohnraum mit seiner Einrichtung bieten soll: „eine gemütliche, herzliche Atmosphäre, die man mit netten Menschen zusammen genießt“.

Trendanalystin Ursula Geismann spricht statt von Hygge lieber von Gemütlichkeit - ein urdeutscher Begriff, der ihrer Meinung nach das Lebensgefühl hierzulande besser ausdrückt. Auch sie kommt in ihren Recherchen zu einem ähnlichen Ergebnis: Es gibt einen „digitalen Neandertaler“, der sich gleichzeitig in seiner Höhle und im globalen Netz aufhalte.

Der Neandertaler zieht sich zum Beispiel gerne in seinen im Landhausstil eingerichteten Wohnraum zurück und macht es sich dort vor dem mit Holz befeuerten Kamin gemütlich, so Geismann. Zugleich schaut er mit dem Smartphone oder Tablet auf die Aktienkurse in Tokio. Ihre Deutung: „Bei allen Veränderungen in der Gesellschaft ist das Zuhause ein Nest.“

Was heißt das für die Optik der Möbel? Gefragt ist Textiles: also weiche, kuschelige Bezüge, die man gerne anfasst. Abgerundete Formen und auch Reminiszenzen an vergangene Zeiten sind beliebt. Möbel im Stil des Mid-Century-Designs bleiben gefragt, erläutert Geismann. Dabei handelt es sich um die Entwürfe aus der Zeit von etwa 1940 bis 1960. „Aber die 70er Jahre blitzen schon durch.“

Seit einigen Saisons schon beziehen Designer viele ihrer Ideen aus der Vergangenheit und lassen alte Formen wieder aufleben. Solche Rollen rückwärts gibt es häufig, wenn die Menschen wieder etwas im Leben suchen, was damals üblich war. Daher ist aktuell zum Beispiel vieles aus einer Zeit vor dem Internet gefragt - die Gegenstände in den heutigen Wohnzimmern stehen symbolisch für eine Welt ohne die moderne Hektik und die Schnelligkeit der neuen Medien. Denn manchmal kommt eben der Punkt, an dem wir das Handy mal ausschalten wollen.

Im Jahr 2019 könnte auf der IMM besonders auch eine Designlehre aus der Vergangenheit in den Fokus rücken: das Bauhaus. Es feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. In Köln gibt es eine Sonderschau und viele Expertenrunden dazu. Geismann ist aber skeptisch, ob der Möbelstil erneut in den Möbelhäusern Einzug halten wird. „Es ist bisher eine Nische“, erklärt die Trendanalystin.

Rückgriffe auf die Vergangenheit zeigen sich auch bei einem weiteren Trend: „Das Handwerk wird wieder mehr geschätzt“, sagt Markus Majerus, Sprecher der Koelnmesse. So stehen die Möbel des Bauhaus und Mid-Century-Designs für handwerkliche Qualität. Wer es sich leisten kann, will wieder darauf setzen - und nicht auf billigere und eher vergängliche Massenware. „Smartphone, Laptop und Tablet sind wichtig auf der einen Seite“, sagt Majerus.

„Es geht aber auch um die Lieblingsmöbelstücke im Wohnraum. Sie vermitteln ein Gefühl der Heimat oder der Sehnsucht.“ So investieren seiner Ansicht nach gerade die Jüngeren auch gerne ihr Geld in ein paar wenige gute Stücke, die sie mit einer Geschichte verbinden.

„Etwas, das man von Reisen mitbringt. Oder etwas, das man aus der Kindheit kennt und schätzt“, erklärt Majerus. „Solche Stücke erinnern an Lebensphasen und Lebensweisen.“

Diese Möbel haben sogar Personen, die häufig den Wohnort wechseln - vielleicht sogar als digitale Nomaden mit möglichst wenig Besitz durch die Welt reisen und in möblierten Wohnungen leben. „Die paar Lieblingsstücke werden aber mitgenommen“, sagt Majerus. Die Suche nach der Höhle und einem Zuhause selbst in der Ferne beflügelt nach Ansicht der Experten aktuell auch eine Veränderung bei den Polstermöbeln: Viele Hersteller bringen derzeit Sessel mit besonders hoher Lehne und schützender Kuhle um den Kopf heraus, berichtet Geismann. „Opas Ohrensessel wird hier neu interpretiert.“

Natürlich wird sich die Technik vermehrt im Raum breitmachen, genauer gesagt, sie wird möglichst unauffällig integriert.

Solche beschützenden Möbel kennt man bisher vor allem von Arbeitsstätten wie Coworking Spaces, wo sich viele Menschen einen Platz teilen, die Lautstärke hoch ist und Betreiber Nischen für ruhige Gespräche und eine Minute zum Durchatmen schaffen wollen. „Aber das kommt auch in offenen Wohnkonzepten verstärkt an. Die Menschen wollen auch hier Rückzugsräume“, erklärt Geismann. Und natürlich wird sich die Technik vermehrt im Raum breitmachen, genauer gesagt, sie wird möglichst unauffällig integriert. Das gelingt, weil sie nach Ansicht von Messesprecher Majerus nun ein höheres Niveau erreicht hat: „Anfangs war sie cool, aber auch eine Spielerei. Jetzt hat sie verstärkt echten praktischen Nutzen.“ Ein Beispiel gefällig? Smarte Beleuchtungstechnologien sparen Stromkosten - ihre Steuerung lässt sich perfekt auf den Alltag abstimmen. (dpa)