Soundmeister Jean-Michel Jarre wird 70

Jean-Michel Jarre gilt als Gottvater der Elektro-Musik und Meister der Mega-Konzerte. | Luca Piergiovanni/EFE/dpa

Jean-Michel Jarre gilt als Musiker der Superlative und das nicht nur, weil sich seine Elektro-Musik millionenfach verkauft und seine spektakulären Konzert-Schauen ein Millionenpublikum anziehen. Jarre komponiert unerlässlich und tourt als Gottvater der Elektro-Musik unermüdlich durch die Welt. Nun veröffentlicht der Pionier des elektronischen Sounds ein Doppelalbum. Damit feiert Jarre ein zweifaches Event: seine 50-jährige Musikkarriere und seinen 70. Geburtstag an diesem Freitag (24.August).

Das Best-Off soll am 14. September herauskommen und vereint mehr als 40 remasterte Stücke aus seinem musikalischen Schaffen, das sich mittlerweile über ein halbes Jahrhundert erstreckt. Für das Jubiläums-Album „Planet Jarre – 50 Years of Music“ habe er sein ganzes Repertoire durchforstet, wie Jarre auf seiner Homepage schreibt. Unter den Songs befinden sich seine ersten Eigenkompositionen aus den Jahren 1968 und 1969 wie „Happiness Is a Sad Song“ und „La Cage“. Jarre hat in den 70er Jahren mit Synthesizer-Sounds die Welt revolutioniert. Seitdem mixt er Töne wie andere Zutaten beim Kochen. „Die elektronische Musik ist sehr nah am Essen und Kochen. Man mixt die Zutaten, die Gewürze“, sagte der König der Amplituden-Musik einst in einem Interview. Der Vergleich kommt nicht von ungefähr. Jarre wurde in Lyon geboren, Frankreichs Hauptstadt der Gastronomie.

Den internationalen Durchbruch schaffte er 1976 mit „Oxygène“. Das damals in seinem improvisierten Homestudio aufgenommene Instrumental-Album verkaufte sich weltweit millionenfach. Zu dessen 40. Jubiläum brachte er deshalb 2016 „Oxygène 3“ auf den Markt. Er habe sich dafür in sein Studio eingeschlossen und sich in den Zeitgeist von einst versetzt, erklärte er. Die Platte sei damals in nur sechs Wochen und mit nur wenigen Instrumenten entstanden.

„Oxygène“ folgten „Equinoxe“ und „Magnetic Fields“, Millionen-Seller. Mit „Zoolook“, seinem achten Musikalbum, experimentierte er 1984 erstmals verstärkt mit Sprachfetzen, die er verfremdete und zu Klangkollagen verarbeitete. Ebenfalls neu war der Einsatz von Gastmusikern, ein Novum, auf das er immer wieder zurückgriff. Für „Electronica 1“ und „Electronica 2“, jeweils 2015 und 2016 erschienen, vereinte Jarre alles, was in der Szene einen Namen hat, unter anderem Massive Attack, Pete Townshend und Moby.

Konzerte ohne Schau sind für Jarre langweilig. Seine Überzeugung lautet: „Zu einem Konzert zu gehen und jemandem dabei zuzusehen, wie er hinter einem Keyboard oder einem Laptop steht, ist weder sexy noch visuell besonders beeindruckend.“ Aus seinen Live-Auftritten macht er deshalb riesige Spektakel mit Nebel, Feuerwerken und Laserballett. Sein Live-Konzert zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli 1979 lockte etwa eine Million Menschen an. In Moskau zählte man 1998 rund 3,5 Millionen. Der Ex-Gatte der Schauspielerin Charlotte Rampling und ehemalige Verlobte von Isabelle Adjani stammt aus einer Musikerfamilie. Sein Vater war Maurice Jarre, der mit seinen Filmmusiken zu „Lawrence von Arabien“ und „Dr. Schiwagao“ bekannt wurde. Zum Vorbild von Jarre, der mit fünf Jahren Klavier spielte, wurde jedoch Pierre Schaeffer.

Der Komponist war der Begründer der „Musique concrète“, einer experimentellen Musik, bei der mit aufgenommenen und auf Tonträgern gespeicherten Klängen komponiert wird. Ende der 60er Jahre trat Jarre der von Schaeffer initiierten Groupe de Recherches Musicales bei, womit der Grundstein zu Jarres Karriere als Elektro-Pionier gelegt war.

Der Synthesizer ist für Jarre eine der wichtigsten Erfindungen der Musikgeschichte. Statt von dem gegebenen Klang der Instrumente auszugehen, erlaubt das Gerät dem Komponisten neue, nahezu beliebige Klänge zu entdecken. Seine Musik ohne Worte habe einiges Potenzial, wie er erklärte. Und das schöpft er seit 50 Jahren aus. (dpa)