Sohn des tschechischen Ministerpräsidenten wirft Vater Entführung vor

Andrej Babis | Photo News

Der älteste Sohn des tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis hat mit der Behauptung für Aufsehen gesorgt, er sei im vorigen Jahr von Mitarbeitern seines Vaters auf die von Russland annektierte Krim verschleppt worden. „Mein Vater wollte, dass ich verschwinde“, zitierte das Nachrichtenportal „Seznamzpravy.cz“ den Mann am Dienstag. Der Grund dafür seien die laufenden Ermittlungen gegen die Familie Babis wegen mutmaßlichen Subventionsbetrugs gewesen. Der 35 Jahre alte ausgebildete Pilot Andrej Babis Junior lebt den Angaben zufolge heute in der Schweiz. Babis wies die Vorwürfe entschieden zurück. „Die Fakten sind klar: Mein Sohn ist psychisch krank“, teilte der 64-jährige Gründer der liberal-populistischen Partei ANO bei Facebook mit. Er müsse daher unter Aufsicht stehen. „Nur gefühllose Fanatiker sind in der Lage, die Diagnose meiner Kinder anzuzweifeln“, sagte Babis.

Polizei und Staatsanwaltschaft kündigten an, sich gründlich mit dem Fall zu befassen. Die Affäre erschüttert die Minderheitsregierung aus ANO und sozialdemokratischer CSSD, die von den Kommunisten (KSCM) toleriert wird. „Ich kann keinerlei Schritte ausschließen und nicht vorhersagen, was aus der Regierungskoalition wird“, drohte der CSSD-Vorsitzende und Innenminister Jan Hamacek. Er forderte Babis zu „klareren und konkreteren Antworten“ auf. Die Vertreter von sechs Oppositionsparteien kündigten gemeinsam an, ein Misstrauensvotum im Parlament einzuleiten. Der Vorsitzende der konservativen Partei TOP09, Jiri Pospisil, rief Babis zum Rücktritt auf. Er sprach von einer der schlimmsten politischen Affären seit der demokratischen Wende von 1989. Der Ruf des Landes stehe auf dem Spiel, sagte der Chef der Bürgerdemokraten (ODS), Petr Fiala.

Der Sohn ist bereits in die sogenannte „Storchennest-Affäre“ von Babis verwickelt. Die Polizei ermittelt gegen den Multimilliardär, weil er vor Jahren das Wellness-Resort Storchennest auf Familienangehörige überschrieben haben soll, um zu verschleiern, dass es in Wahrheit seinem Großkonzern Agrofert gehörte.

Das Resort soll sich damit Zugriff auf knapp zwei Millionen Euro Subventionen für kleine und mittelständische Unternehmen verschafft haben. „Ich wusste nicht, was ich unterschreibe“, sagte Andrej Babis Junior nun in dem Interview. Unterdessen gerieten die tschechischen Ermittlungsbehörden in Erklärungsnot, warum sie den Babis-Sohn bislang nicht selbst in der Sache befragt haben. (dpa)