Raab wird 50: König Lustig ohne Land

Es ist nicht lange her, da war das kaum vorstellbar: deutsches Fernsehen ohne Stefan Raab. Heute ist es vorstellbar, ebenso wie die Nachricht, dass der einst jugendliche Viva-Quatschkopf 50 Jahre alt wird. Irgendwie geistert er aber immer noch durchs Fernsehen.

Stefan Raab hat immer noch seine Auftritte. Sie kommen vorzugsweise dann, wenn sein alter Haussender ProSieben eine neue Samstagabendshow ausprobiert, so wie kürzlich das «Auswärtsspiel» mit Raabs altem Kompagnon Elton. «Stefan Raab wir wollen dich zurück! Mehr denn je!» twittert dann jemand. Oder: «Danke für das #Auswaertsspiel gestern! Seit langer Zeit lag wieder „Raab“ in der Luft.» Offenkundig gibt es für viele Menschen immer noch eine Art Raab-Skala, mit der sie die Qualität von Fernsehunterhaltung bewerten können.

Das zeigt: Raab ist im kollektiven Gedächtnis geblieben. Was erstaunen könnte, denn der große Fernseh-Guru selbst lässt seit seinem Rückzug vom Bildschirm Ende 2015 quasi nichts mehr von sich hören. Auch nicht zu seinem 50. Geburtstag, den er am Donnerstag (20. Oktober) feiert. Interview-Wünsche lehnt er ab.

Ein Anruf bei seinem Management. Kann man zumindest erfahren, was der «Raabinator» aktuell so treibt? «Nein.» Raab habe sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen. «Derzeit genießt er seine Auszeit», sagt Managerin Gaby Allendorf. «Was er vorhat, steht in den Sternen.» Ähnliches hört man bei der Produktionsfirma Brainpool, bei der er Gesellschafter ist. Auch beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest (ESC), den die Brainpool-Tochter Raab TV produziert, sei er konzeptionell nicht beteiligt. «Er hat sich ja aus dem TV-Geschäft zurückgezogen.»

Ein Sprecher seines alten Auftraggebers ProSieben sagt: «Das Private war bei Stefan Raab immer privat. So hält es ProSieben auch zu seinem Geburtstag. Wir gratulieren ihm herzlich. Aber Off Air.»

Im Juni wurde Raab zumindest mal gesichtet – bei einem Konzert von Udo Lindenberg. Auf der Bühne trommelte er auf dem Schlagzeug. Ansonsten scheint er in der Fernseh-Rente. Sein Privatleben hat er stets unter dem Deckel gehalten. Bekannt ist, dass er gern Segeltörns macht und dass er sich gelegentlich auf der Tribüne des 1. FC Köln blicken lässt. Was er heute macht, weiß er im Grunde wohl nur selbst.

Noch vor einigen Jahren hätte man sich deutsches Fernsehen ohne Raab gar nicht vorstellen können. Auch wenn es ein altes Video von ihm gibt, auf dem er im Alter von etwa 30 Jahren prophezeit, «nicht im Fernsehen alt werden» zu wollen. Weil er aber in seiner Hochphase wie ein Getriebener wirkte, der aus jeder Schnapsidee – Stichwort «Wok-Weltmeisterschaft» – ein neues TV-Format bastelte, ließ sich so ein Satz leicht als Gerede abtun. Bis Raab Ernst machte.

Begonnen hatte er beim Kölner Musiksender Viva. Aus dem einstigen Metzger-Lehrling aus Köln-Sülz wurde dort ein Moderator. Die Late Night «TV total» bei ProSieben machte Raab dann dem großen Publikum bekannt. Auch weil die Sendung zur Keimzelle für immer neue vermeintliche Quatsch-Ideen wurde, von denen auch jene etwas mitbekamen, die «TV total» gar nicht schauten – sei es seine Ode an den «Maschendrahtzaun», bombastisch inszenierte Promi-Shows à la «TV total Turmspringen» oder seine Talentsuche für den ESC. Den Wettbewerb gewann er später tatsächlich mit Lena Meyer-Landrut. 2013 ließ man ihn sogar das Kanzlerduell mitmoderieren. «König Lustig» herrschte über ein TV-Universum.

Aber wie es so ist im Rückblick: In die Rufe nach Raabs Rückkehr mischt sich vielleicht auch etwas Geschichtsklitterung. Nicht alles war immer lustig, nicht alles brillant. In den letzten Jahren wirkte es eher so, als verwaltete Raab «TV total», mitunter recht uninspiriert. Seinen Ehrgeiz lebte er bei «Schlag den Raab» aus, bei dem der seine Gegner bis tief in die Nacht unerbittlich duellierte. Die Samstagabendshow hatte er erfunden, als fast schon niemand mehr an die große Familienunterhaltung am Samstagabend glaubte.

«Stefan Raab war ein Unikum in der Moderatorenlandschaft und ist daher nicht so ohne weiteres ersetzbar», bilanziert die an der Universität Hamburg beschäftigte Medienwissenschaftlerin Joan-Kristin Bleicher die Monate nach Raabs Abtritt am 19. Dezember 2015. «Doch auch bei den Nachwuchsmoderatoren lässt sich durchaus eine Profilbildung erkennen. Elton ist ebenso unverwechselbar wie Joko und Klaas. Ihnen fehlt jedoch eine vergleichbare eigene unternehmerische Anbindung, die ebenfalls zum System Raab gehörte.»

Spekulationen um Raabs Rückkehr schossen schon kurz nach seinem Abschied ins Kraut. Aber vielleicht ist es einfach so wie immer bei Raab. Er hat etwas umgesetzt, was andere für eine Schnapsidee hielten: mit 49 einfach aufzuhören. (dpa)