Portugiesen kämpfen mit Eimern gegen das Inferno

In Portugal kämpfen Hunderte Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Zivilschutzes und des Militärs unermüdlich gegen den schlimmsten Waldbrand der vergangenen Jahrzehnte. Ein Ende des Albtraums ist noch nicht in Sicht. | afp

Rauchwolken und grauschwarzer Ascheregen verdecken am Montag in weiten Teilen von Pedrógão Grande immer noch die Sicht. Das verheerende Ausmaß der Tragödie kommt in der bergigen und abgeschiedenen Waldregion im Zentrum von Portugal rund 48 Stunden nach Ausbruch eines verheerenden Brandes trotzdem immer deutlicher ans Licht. Mindestens vier kleine Kinder sind unter den bisher gezählten 62 Toten – von denen die meisten bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind und zunächst noch nicht identifiziert werden konnten.

Kinder wie die erst dreijährige Bianca, die im Auto auf dem Schoss ihrer Oma und neben ihrer am Steuer sitzenden Mutter starb. Sie ließen ihr Leben auf der Landstraße 326, nun „Todesstraße“ genannt, weil es hier auf einer relativ kurzen Strecke mindestens 30 Todesopfer gab – darunter ganze Familien. Nach Angaben von Experten starben die meisten hier an Rauchvergiftungen, bevor sie vom Feuer erfasst wurden.

Auch der vierjährige Rodrigo kam im Waldbrand ums Leben. Er war aus Lissabon gekommen, um das Wochenende bei seinem Onkel zu verbringen. Beide starben, als ihr Wagen von einer einstürzenden Pinie gestoppt und dann von Flammen eingekesselt wurde. Der Junge, dessen Eltern im afrikanischen São Tomé und Príncipe sind, hatte als vermisst gegolten. Die Oma war deshalb aus der rund 200 Kilometer südwestlich von Pedrógão gelegenen Hauptstadt allein zum Unglücksort gereist, um bei der Suche zu helfen.

Die Frau hatte noch am Sonntag die Hoffnung, Rodrigo lebendig zu finden. Dann erfuhr sie vor laufenden Kameras vom Schicksal des Kleinen – dem ersten identifizierten Opfer. „Helft mir, helft mir“, stammelte die Frau weinend vor den Journalisten.

Das portugiesische Fernsehen zeigt immer mehr solcher Szenen – schrecklich, herzzerreißend. Alte Menschen, die zusammenbrechen, weil sie ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Die das Erlebte, das Gesehene immer noch nicht fassen können. „Das war wie das Ende der Welt“, sagte eine Rentnerin noch am ganzen Körper zitternd im TV. Die 16-jährige Jacinta Pires, die zu rund 150 Bewohnern von evakuierten Dörfern gehört, räumt gegenüber dem Nachrichtensender TVI24 ein: „Ich möchte nicht nach Hause zurück. Ich könnte nie einschlafen in der Befürchtung, dass das wieder passieren kann.“

Es sind aber auch fast surrealistisch anmutende Bilder zu sehen. Frauen und Männer, die allein oder in kleinen Gruppen mit winzigen Eimern Wasser versuchen, das Inferno – die breit und hoch lodernden Flammen – zu bekämpfen. „Wir haben hier keinen einzigen Feuerwehrmann und auch keinen Soldaten gesehen, wir sind auf uns allein gestellt, und nun ist auch das Wasser ausgegangen“, sagte eine Frau im Dorf Poesia im Kreis Figueiró dos Vinhos einem Reporter.

Waldbrände sind in Portugal im Sommer zwar seit jeher trauriger Alltag. Zwischen 2010 und 2015 wurden dadurch im Schnitt 127.000 Hektar Land pro Jahr zerstört. (dpa)