Neue Syrien-Friedensgespräche beginnen mit gedämpfter Hoffnung

Rauch steigt auf bei Kämpfen in der syrischen Stadt Daraa. | afp

Erstmals seit zehn Monaten verhandeln Syriens Regierung und Opposition wieder unter UN-Vermittlung über ein Ende des fast sechsjährigen Bürgerkriegs. Zum Auftakt der neuen Friedensgespräche in Genf kam UN-Vermittler Staffan de Mistura am Donnerstag zunächst getrennt mit Vertretern der Konfliktparteien zusammen. Am Abend wollte er die Unterhändler offiziell im UN-Gebäude willkommen heißen. Bereits am Vortag hatte de Mistura einen schnellen Durchbruch bei den Verhandlungen ausgeschlossen.

Der Diplomat will mit beiden Seiten über eine Übergangsregierung, eine neue Verfassung und freie Wahlen sprechen. Unklar ist bisher, ob und wann es direkte Gespräche geben wird. Die Opposition fordert, diese schnell aufzunehmen. Bei den ersten Treffen ging es nach Angaben der Regierungsgegner um Sondierungen. Es ist die insgesamt vierte Verhandlungsrunde in Genf über eine Lösung für den blutigen Konflikt. Alle bisherigen Gespräche über einen Frieden scheiterten jedoch. Die bislang letzten Gespräche brach die Opposition im April 2016 aus Protest gegen neu aufgeflammte Kämpfe ab. Damals verhandelte de Mistura ausschließlich getrennt mit den Konfliktparteien, so verhärtet waren die Fronten. Seitdem haben die Regierungskräfte am Boden wichtige Geländegewinne erzielt. So konnten sie die lange umkämpften Rebellengebiete der Großstadt Aleppo einnehmen. In dem Bürgerkrieg sind nach UN-Angaben rund 400.000 Menschen getötet worden.

De Mistura will in Genf eigenen Angaben zufolge „das Momentum“ der von Russland und der Türkei ausgehandelten Waffenruhe nutzen, die seit Ende Dezember gilt. Der UN-Diplomat sieht einen Rückgang der Gewalt; trotzdem melden Aktivisten weiterhin Kämpfe und Luftangriffe. So berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag von heftigen Kämpfen in der Stadt Daraa im Süden Syriens.

Angesichts von zehn Millionen leidenden Kindern in Syrien rief das UN-Kinderhilfswerk Unicef die Teilnehmer der neuen Friedensgespräche in Genf dringend zur Einigung auf. „Alle an dem Konflikt beteiligten Parteien und die, die Einfluss auf sie haben, müssen sich mit extremem Hochdruck dafür einsetzen, dass die Waffen für immer schweigen“, sagte der Unicef-Regionaldirektor Geert Cappelaere.

Zwei Millionen Kinder bekämen in Syrien keine dringend nötige Hilfe. „Der unermessliche Verlust an Menschenleben und das Leiden sind eine Schande, die die Welt dazu bringen sollte, sofort eine politische Lösung zu finden. Mehr als zehn Millionen syrische Kinder leiden jeden Tag an den Folgen dieses teuflischen Konflikts und wollen nur eins: Frieden, und sie wollen ihre Kindheit zurück.“

Nach mehr als dreimonatigen Gefechten mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nahmen unterdessen von der Türkei unterstützte Rebellen das Zentrum der nordsyrischen Stadt Al-Bab ein, wie die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter kontrollieren die protürkischen Rebellen allerdings nur etwa 40 Prozent der Stadt. Die Waffenruhe gilt für den IS und andere extremistische Milizen nicht. Al-Bab ist nach der Stadt Al-Rakka die wichtigste IS-Hochburg im Norden Syriens. (dpa)