Musiker und der Rücktritt vom Rücktritt

Sänger Heino bei einem Soundcheck mit einem Mikrofon auf der Bühne der Life Music Hall in Köln. | Horst Ossinger/dpa

Aber dann soll Schluss sein – dieses Mal wirklich. Denn Heino selbst ist das beste Beispiel dafür, dass eine solche Ankündigung nicht zwangsläufig das tatsächliche Karriereende bedeuten muss – sondern manchmal sogar das genaue Gegenteil. Seinen größten Erfolg hatte er schließlich mit seinem Album „Mit freundlichen Grüßen“ aus dem Jahr 2013 und Cover-Versionen von Ärzte- oder Rammstein-Songs. Und das war ganze acht Jahre nach seinem ersten Rücktritt im Jahr 2005. „Das mit Heino war eine sehr spannende Sache“, sagt Hans Schmucker, Sprecher von GfK Entertainment, dem Herausgeber der deutschen Musik-Charts. „Er hat es damals ja zum ersten Mal überhaupt in seiner Karriere auf Platz eins geschafft.“ „Mehr Comeback kann man eigentlich nicht verlangen“, sagt der Musikexperte Ernst Hofacker, Autor des Buches „1967: Als Pop unsere Welt für immer veränderte“. Auf Heinos neuem Album „und Tschüss“ gibt es ein Duett mit Wolfgang Petry. Noch so einer, der eigentlich längst weg sein wollte. Der gemeinsame Song von Heino und Wolle heißt: „Ich atme“.

„Ein Künstler ist ein Künstler und der hört nicht mit 65 auf“, sagt Hofacker. „Es gibt viele Gründe dafür: Ego und Eitelkeit des Künstlers, die ja auch Voraussetzung sind für den Job insgesamt – und Ehrgeiz.“ Und das gilt wohl nicht nur für Howard Carpendale, den musikalischen Meister der seehofer’schen Disziplin des Rücktritts vom Rücktritt, sondern zieht sich durch alle Genres – und die Musikgeschichte. „Die Mutter aller Comebacks sind die von Frank Sinatra und Elvis“, sagt Hofacker. „Die wurden beide ja erst nach einer Pause zu den Künstlern, als die sie uns heute in Erinnerung geblieben sind.“ Farin Urlaub und Bela B hatten sich Ende der 1980er Jahre so zerstritten, dass sie sich nicht vorstellen konnten, auch nur noch ein einziges Mal wieder zusammen auf der Bühne zu stehen. Nur rund fünf Jahre später, im Jahr 1993, erschien dann das legendäre „Ärzte“-Album „Bestie in Menschengestalt“ mit „Schrei nach Liebe“. Das Comeback der Ärzte gehört nach Angaben von GfK Entertainment – wie auch das von Cat Stevens, der nach einer Pause von drei Jahrzehnten als Yusuf zurückkam – zu den erfolgreichsten in der Geschichte der deutschen Charts. „Die Bestie in Menschengestalt“ hielt sich dort 54 Wochen. Sieben weitere Studio-Alben der Ärzte folgten bis heute. Apropos Versöhnung von Rocklegenden: „Not in this Lifetime“ sagte Axl Rose einst auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, jemals wieder mit Slash auf der Bühne zu stehen. Nicht in diesem Leben. Knapp zwei Jahrzehnte später touren Guns ‚N Roses heute wieder um die Welt. „Die waren ja in erster Linie bekannt dafür, dass sie ständig zerstritten waren und der Typ am Mikrofon absolut unberechenbar war. In diesem Fall würde ich darum sagen, dass es vor allem darum ging, sich nochmal eine großzügige Finanzspritze zu gönnen“, sagt Hofacker. „David Bowie hat mit seinem Comeback 2013 bewiesen, dass er seiner Karriere noch ein wichtiges künstlerisches Kapitel hinzufügen konnte – aber das ist eben nicht bei jedem Comeback der Fall.“ (dpa)