Mit dem Galaxy S10 tritt Samsung nicht nur gegen Apples iPhone an

<p>Samsung bietet beim S10 die Funktion „Bixby Vision“ zum Erkennen von Objekten vor der Kamera - sie ähnelt Googles „Lens“, ist aber treffsicherer.</p>
Samsung bietet beim S10 die Funktion „Bixby Vision“ zum Erkennen von Objekten vor der Kamera - sie ähnelt Googles „Lens“, ist aber treffsicherer. | Robert Günther/dpa

Inzwischen gibt es längst keine Verwechslungsgefahr mehr: Die S-Serie hat über die Generationen ein markantes eigenes Aussehen gewonnen. Dazu gehören gebogene Bildschirmränder, die in die Seitenkanten hineinreichen.

Der gefährlichere Rivale für Samsung ist ohnehin nicht mehr Apple. Konkurrenten sind die chinesischen Anbieter wie Huawei, Vivo, OnePlus oder Xiaomi. Durch sie gibt es keinen Mangel an technisch hochgerüsteten Premium-Smartphones. Sie laufen alle genauso wie Samsungs Geräte mit dem Google-Betriebssystem Android, was die Hürde für einen Umstieg der Nutzer niedrig hält.

Das Galaxy S10 ist ein Smartphone, das keine Wünsche offen lassen soll. Eine ganze Familie von Telefonen genauer gesagt: Denn neben dem S10 mit einer Bildschirmdiagonale von 6,1 Zoll (wie beim iPhone XR) gibt es auch die größere Version S10+ mit 6,4 Zoll und das technisch abgespeckte S10e. Das ist mit einer Diagonale von 5,8 Zoll kleiner und hat kein Teleobjektiv.

Ansonsten kann man bei allen S10-Versionen die Checklisten modernster Smartphone-Ausstattung abarbeiten: Das neue Bluetooth 5.0 und das auch als WiFi 6 bekannte zukunftssichere „ax“-WLAN. Dazu gibt es ein superschnelles LTE, das zumindest in entsprechend ausgerüsteten Netzen Download-Geschwindigkeiten von bis zu zwei Gigabit pro Sekunde schaffen soll. Zusätzliche Samsung-Geräte wie die neuen Ohrhörer oder die Computer-Uhr kann man durch Auflegen auf den Smartphone-Rücken aufladen – das Telefon nutzen kann man in dieser Zeit allerdings nicht. In den europäischen Geräten steckt Samsungs hauseigener Exynos-Prozessor, der sich die Belastung weder bei anspruchsvoller Grafik in Videospielen noch bei Bildbearbeitung anmerken lässt.

Das Technologieblog „The Verge“ hat das S10 angesichts seiner Funktionsfülle zum „Anti-iPhone“ erklärt. Da, wo Apple das Risiko einging, treue Nutzer im Namen des Neuen vor den Kopf zu stoßen, geht Samsung auf Nummer sicher.

Die im iPhone abgeschaffte klassische Kopfhörer-Buchse? Beim S10 immer noch da. Der bei Apple seit dem iPhone X durch Gesichtserkennung ersetzte Fingerabdruck-Scanner? Der ist bei Samsungs S10 und S10+ nun direkt in den Bildschirm eingelassen – und beim 10e in den Aus-Knopf auf der Seitenkante.

Fingerabdruck-Scanner direkt im Bildschirm gibt es erst seit dem vergangenen Jahr und nur von wenigen Anbietern. Samsung betont besonders, dass das S10 einen neuartigen Ultraschall-Sensor hat, der besser sei als die optischen Varianten der Konkurrenz. Allerdings greift der Samsung-Sensor im Praxis-Test etwas langsamer als zum Beispiel der Scanner im OnePlus 6T.

Dazu muss man sagen, dass das S10 einen Fingerabdruck-Sensor zur sicheren biometrischen Identifikation auch dringend nötig hat. Denn im Gegensatz zu Apples FaceID lässt sich die Gesichtserkennung der neuen Galaxy-Modelle nach wie vor durch Fotos oder Videos austricksen. Samsung selbst weist bei der Einrichtung darauf hin, es bestehe „eine gewisse Möglichkeit“, dass „jemand, der Ihnen ähnlich sieht oder ein Bild Ihres Gesichts verwendet, Ihr Telefon entsperren könnte“.

Apple lässt das Gesicht dagegen dreidimensional abtasten, um solche Fehler zu verhindern. Die komplexe Technologie braucht Platz – daher der großzügige Ausschnitt am oberen Bildschirmrand. Samsung hat stattdessen sich dafür entschieden, den Nutzern möglichst viel Bildschirm zu lassen. Das S10 hat nur ein kleines Guckloch für die Kamera in der rechten oberen Ecke, das man tatsächlich schnell nicht mehr wahrnimmt. Über den Sinn des Aufwands lässt sich indes streiten: Der Rest des oberen Bildschirmrands ist die meiste Zeit entweder von der üblichen Info-Leiste besetzt. Oder er wird beim Ansehen von Fotos oder Videos wegen des Bildformats eh von einem schwarzen Balken überdeckt.

Zu den weiteren Neuerungen gehört ein Ultra-Weitwinkel-Objektiv an der Rückseite. Mit einem Blickwinkel von 123 Grad soll es helfen, auch große Gebäude oder Plätze sowie Menschgruppen aus der Nähe zu erfassen. Die Linse ist bei Bedarf sehr effizient – aber mit Vorsicht anzuwenden, da sie die Kanten der Objekte nach innen kippen lässt. Die Modelle S10 und S10+ haben damit drei Kameras, das S10e zwei.

Bei der Kamera hat sich Samsung bemüht, keine Funktionen auszulassen. Man kann Bildeffekte noch bei der Aufnahme in Echtzeit anwenden – wie zum Beispiel nur den Bildmittelpunkt in Farbe hervorheben, während der Rest schwarz-weiß ist. Es gibt einen Pro-Modus für manuelle Einstellungen und einen speziellen für Essen – Instagram-Influencer dürften sich freuen. Hinzu kommen Modi für Superzeitlupe, Zeitraffer, Bildstabilisierung. Das AMOLED-Display des S10 ist sehr hell und leuchtend und hat keine Probleme im Sonnenlicht. Positiv ist, dass Samsung die Farbsättigung nicht so hochschraubt wie so mancher chinesischer Rivale.

Hinzu kommt „Bixby Vision“ zum Erkennen von Objekten vor der Kamera – eine ähnliche Funktion wie Googles „Lens“, die aber treffsicherer funktioniert. Das lässt sich insgesamt über Samsungs Assistenten Bixby sagen, der bisher nicht mit dem Google Assistant mithalten kann. Immerhin ist Bixby inzwischen regulär auf Deutsch verfügbar und behält seinen eigenen Button an der Kante des S10. Diesen Knopf kann man nicht auf den Google Assistant umprogrammieren.

Das Zusammenleben der zwei digitalen Assistenten ist typisch für das S10. Auf dem Gerät existieren zwei App-Welten nebeneinander – die von Samsung und die von Google. Samsungs Webbrowser und Chrome, Samsungs E-Mail-Client und GMail, für Apps den Galaxy Store und den Play Store von Google. Sie sind nicht unbedingt gleichwertig: So kann man zum Beispiel die Bild-Effekte in Samsungs eigener Fotogalerie noch einmal ändern – in Google Fotos sind sie hingegen eingefroren.

Die meisten Android-Nutzer dürften sich an dieses nebeneinander mit den allgegenwärtigen Google-Apps längst gewöhnt haben. Das Unternehmen Samsung baut seine App-Welt in einer Art Unabhängigkeitserklärung allerdings immer weiter aus. (dpa)

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