Mexiko will auf Hannover Messe als brummende Fabrik glänzen

Der Leiter der mexikanischen Wirtschaftsförderung ProMexico, Paulo Carreno | Ralf Baumgarten/Hannover Messe/dpa


Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hält die Welt in Atem. Lachender Dritter könnte ausgerechnet Mexiko sein. Zwar wird das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) mit den USA und Kanada derzeit in mühsamen Gesprächen neu verhandelt, zunächst aber bleibt der südliche Nachbar der Vereinigten Staaten von Trumps Strafzöllen verschont. Wenn Produkte aus China wegen der Zölle in den USA nun teurer und damit unattraktiver werden, könnten die Mexikaner einspringen.

„Die mexikanischen Firmen könnten einen weiteren Schub erhalten, wenn die Produkte der chinesischen Konkurrenz teurer werden.“

„Tatsächlich werden in Mexiko eine Reihe von Produkten gefertigt, deren Einfuhr aus China nun vonseiten der USA mit Zöllen belegt wird“, sagt Florian Steinmeyer, Berichterstatter der Außenwirtschaftsgesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) in Mexiko. „Hersteller von Elektrokomponenten und Stahlproduzenten aus Mexiko könnten deshalb profitieren.“ Beispiel Unterhaltungselektronik: Bereits jetzt ist Mexiko der weltgrößte Exporteur von Flachbildfernsehern – bei Computern, Mikrofonen, Lautsprechern und Kopfhörern liegt es an vierter Stelle. Im vergangenen Jahr kauften die Amerikaner Flachbildschirme im Wert von 6,5 Milliarden US-Dollar (5,25 Mrd Euro) aus Mexiko. „Die mexikanischen Firmen könnten einen weiteren Schub erhalten, wenn die Produkte der chinesischen Konkurrenz potenziell 25 Prozent teurer werden“, sagt Caitlin Webber vom Analyse-Unternehmen Bloomberg Intelligence.

Langfristig will sich Mexiko allerdings aus der Abhängigkeit von den USA lösen und den Handel mit Europa, Lateinamerika und Asien verstärken. „Wir sind zu abhängig von den Vereinigten Staaten. Sie werden immer ein strategischer Markt bleiben, aber wir müssen unsere Präsenz in anderen Regionen erhöhen“, sagt der Leiter der mexikanischen Wirtschaftsförderung ProMéxico, Paulo Carreño.

Als erstes lateinamerikanisches Land ist Mexiko nun Partner der Industrieschau Hannover Messe (23. bis 27. April). „Wir wollen das neue Gesicht Mexikos zeigen, das moderne Mexiko“, sagt Wirtschaftsstaatssekretär José Rogelio Garza Garza. „Die Augen der gesamten Industriewelt werden sich auf Mexiko richten“, meint Deutsche-Messe-Vorstandschef Jochen Köckler. „Die Partnerschaft ist eine Win-win-Situation und wird unsere wirtschaftlichen Beziehen ausweiten und verbessern.“

Tatsächlich ist Mexiko eine brummende Fabrik. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von umgerechnet 946 Milliarden Euro liegt das Land auf dem 15. Rang der größten Volkswirtschaften. Mit einem Außenhandelsvolumen von rund 760 Milliarden US-Dollar (derzeit rund 614 Mrd. Euro) importiert und exportiert Mexiko etwa doppelt soviel wie Lateinamerikas größte Volkswirtschaft Brasilien. Vor allem die Autobranche boomt. Im vergangenen Jahr liefen 3,77 Millionen Fahrzeuge vom Band. Bis 2020 will Mexiko der fünftgrößte Automobilstandort der Welt werden. Auch deutsche Autobauer mischen kräftig mit. VW betreibt in Puebla sein zweitgrößtes Werk weltweit, Audi fertigt in der Nähe den Geländewagen Q5. BMW und Daimler bauen derzeit neue Werke.

„Mexiko profitiert als Produktionsstandort von wettbewerbsfähigen Löhnen, relativ gut ausgebildeten Arbeitskräften, einem großen Netz an Zulieferern und einer soliden Infrastruktur“, sagt GTAI-Experte Steinmeyer. „Das Gesamtpaket für Investoren stimmt.“ Zudem ist das Land eine der offensten Volkswirtschaften der Welt und unterhält Freihandelsabkommen mit mehr als 40 Staaten. Mit der Unterzeichnung des Pazifik-Handelsabkommen CPTPP schlugen die Mexikaner zuletzt eine Brücke nach Asien.

Will sich Mexiko allerdings dauerhaft als wichtige Industrienation positionieren, muss das Land eine Reihe von Herausforderungen meistern. Vor allem die weit verbreitete Korruption, die schlechte Sicherheitslage und die mangelnde Innovationskraft einheimischer Firmen hemmen nach Einschätzung von Experten die weitere Entwicklung des Landes. So wird in Mexiko zwar kräftig gefertigt, aber nur selten Neues entwickelt. „Mexiko sollte seine Forschungslandschaft stärken. Ein guter Ansatz könnte die stärkere Vernetzung von Hochschulen und Unternehmen sein“, rät Experte Steinmeyer. Gerade bei der digitalen Vernetzung von Produktion, Energie und Logistik (Industrie 4.0) – dem Schwerpunkt der diesjährigen Hannover Messe – ist noch viel Luft nach oben. (dpa)