„Meghan-Mania“ im Königreich

Die Hochzeit des Jahres steht bevor: Am Samstag geben sich der britische Prinz Harry und US-Schauspielerin Meghan Markle das Jawort. | Photo News

Wenn Prinz Harry und Meghan Markle am Samstag in Windsor heiraten, dann werden Millionen Menschen weltweit feiern oder gerührt vor dem Fernseher sitzen. Allerdings: Die Braut ist für royale Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich. Meghan stammt nicht aus britischem Adelsgeschlecht, sondern ist eine Bürgerliche aus den USA mit afroamerikanischen Wurzeln. Die 36-Jährige ist geschieden und Schauspielerin. Meghan ist weit davon entfernt, „posh“ (vornehm) zu sein. Doch gerade weil ihr diese oft arrogant wirkende Art der britischen Elite fehlt, fliegen ihr die Herzen nur so zu.

Ob es aber wirklich eine Traumhochzeit wird, bleibt abzuwarten. Vor dem Mega-Event lief nicht alles optimal: Meghan musste sich in Großbritannien so manche Beleidigung wegen ihrer Hautfarbe anhören. Sie war zudem traurig über die Absage ihres Vaters Thomas Markle, der sie nun doch nicht zum Altar führt. Der 73-Jährige, der früher als Beleuchtungsspezialist für TV-Produktionen arbeitete, wurde am Herzen operiert und muss sich erholen. Zuvor hatte es Ärger gegeben, weil Thomas Markle für gestellte Fotos posiert hatte.

Geärgert haben dürfte sich Meghan über ihre Halbgeschwister aus der ersten Ehe ihres Vaters: Die 17 Jahre ältere Samantha warf Meghan vor, sie kümmere sich nicht genug um ihre Familie, und plant ein Buch mit dem Titel „The Diary of Princess Pushy’s Sister“ (dt.:„Tagebuch der Schwester von Prinzessin Aufdringlich“). Fenster-Monteur Thomas Junior warnte Prinz Harry (33) öffentlich davor, einen Riesenfehler zu begehen, wenn er Meghan heiratet.

Wie ein Fels in der Brandung wirkt dagegen Meghans Mutter Doria Ragland (61). Mit ihr bekommt Prinz Harry eine für royale Verhältnisse ungewöhnliche Schwiegermutter: Sie ist Sozialarbeiterin und Yogalehrerin mit afroamerikanischen Wurzeln und trägt gern Nasen-Piercing und Dreadlocks. Meghan hat zu ihr nach eigenen Angaben ein inniges Verhältnis. Die Eltern haben sich scheiden lassen, als sie sechs Jahre alt war. Meghan wuchs bei der Mutter auf. Die lästernden Halbgeschwister beschwerten sich darüber, dass sie nicht zum Fest eingeladen sind. Der Kensington-Palast veröffentlicht die Gästeliste nicht. Es handele sich schließlich um eine private Feier, heißt es dort. Aber klar ist: In Windsor dürfte am Samstag eine illustre Gästeschar erscheinen, auch aus der Filmbranche. Politiker sind nicht geladen. Harry steht schließlich erst auf Platz sechs der britischen Thronfolge. US-Präsident Donald Trump ging ebenso leer aus wie die britische Premierministerin Theresa May.

Nicht nur bei der Auswahl ihrer Gäste scheinen Harry und Meghan ganz genau zu wissen, was sie wollen. Keine Hochzeitsgeschenke – aber dafür Geldspenden für sieben Wohltätigkeitsorganisationen, die sich zum Beispiel um Obdachlose und HIV-infizierte Kinder kümmern. Blumen-Deko ja – aber bitte mit heimischen Pflanzen. Eine Hochzeitstorte, die „nach den hellen Aromen des Frühlings schmeckt“ – aber von einer Konditorin, die vor allem Bioprodukte verwendet.

In Großbritannien herrscht „Meghan-Mania“ und in Windsor Ausnahmezustand. Das hübsche Städtchen westlich von London ist rausgeputzt und mit Sperren gesichert. Die Preise für Unterkünfte explodierten, Firmen kamen mit der Produktion von Souvenirs kaum hinterher. „Vor allem die Amerikaner reißen uns das aus den Händen“, sagt Jon Aujla, Geschäftsführer einer der vielen Andenkenläden.

Der Erzbischof von Canterbury traut das Paar in der spätgotischen St.-Georgs-Kapelle aus dem 15. Jahrhundert auf dem Gelände von Schloss Windsor. Es ist von hohen, dicken Mauern umgeben. Das ist gut für die Sicherheit, aber ein Blick auf das Brautpaar somit eigentlich unmöglich. Doch Prinz Harry und Meghan planen direkt nach der Trauung eine etwa drei Kilometer lange Kutschfahrt durch Windsor.

„Prinz Harry ist ein modernes Mitglied der Royals und Meghan bringt frischen Wind in die Königsfamilie“, schwärmt eine Verkäuferin aus Stoke-on-Trent südlich von Manchester. Dabei bricht Meghan durchaus höfische Regeln, etwa wenn sie bei offiziellen Terminen einen Messy Bun – einen lässigen Dutt – trägt und nicht perfekt gestylte Haare wie Herzogin Kate. Ob beim Besuch eines Jugend-Senders im hippen Londoner Stadtteil Brixton oder im walisischen Cardiff: Sie wird von vielen Menschen umarmt und lässt Selfies mit sich machen.

Für die meisten Mitglieder königlichen Familie wäre ein solches Verhalten undenkbar. Bis auf einen: Prinz Harry. Auch ihn lieben die Briten wegen seiner unkomplizierten und fröhlichen Art, zum Beispiel, wenn er mit Kindern bei Festen herumtobt.

Seine wilden Zeiten, in denen er nackt mit Frauen in einem Hotel in den USA feierte oder in Nazi-Uniform bei einer Kostümparty auftauchte, sind vorbei. Er gilt nun als gereifter Prinz, der sich wie einst seine Mutter Diana stark sozial engagiert. Kennengelernt haben sich Harry und Meghan bei einem von einer Freundin eingefädelten Blind Date. „Ich hatte vorher noch nie etwas von ihr gehört“, gestand der Prinz in einem BBC-Interview. „Ich wurde wunderschön überrascht.“ Näher gekommen waren sie sich dann auf einer Afrika-Reise. „Wir kampierten unter den Sternen.“ Der britische Biograf Andrew Morton machte darauf aufmerksam, dass Harry bereits mit anderen Frauen idyllische Tage und Nächte in Afrika verbrachte. Dieses Mal war es dem Prinzen aber ernst. In London machte Harry der Schauspielerin einen Heiratsantrag – mit Kniefall bei einem Hähnchenessen. „Es war so süß“, schwärmte Meghan. (dpa)