Legaler Rausch mit zu starker Wirkung?

Eine Cannabis-Pflanze in einem Hinterhof in Orange County, Kalifornien. In den USA wächst vielerorts die Marihuana-Euphorie. Experten fragen sich, ob Gesundheitsfolgen des Booms schon ausreichend erforscht sind. | Matt Masin/Orange County Register via ZUMA/dpa

Gleichzeitig wächst vielerorts in den USA die Marihuana-Euphorie. Experten fragen sich vor dem Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch am Montag (26.6.), ob die Gesundheitsfolgen des Booms schon ausreichend erforscht sind. Harrelson („True Detective“) steht mit seiner Erfahrung nicht allein. Zwar macht Marihuana in den seltensten Fällen körperlich abhängig, aber „Heavy User“ kämpfen oft Monate, um sich aus dem Dauernebel von Joints und Co zu befreien.

In den USA steigt seit2007 die Zahl derer, die Marihuana konsumieren. Und auch die Häufigkeit, mit der sie es tun.

„Da gibt es diese vertraute Gewohnheit, die dann vermisst wird“, sagt Suchtforscher Stuart Gitlow (University of Florida), Ex-Präsident der US-Gesellschaft für Suchtmedizin. Viele fühlten sich nach einem Marihuana-Stopp schlecht, seien reizbar – denn mit der Gefühlstiefe kehrten auch Ängste zurück, mit denen es umzugehen gelte.

In den USA steigt seit 2007 die Zahl derer, die Marihuana konsumieren. Und auch die Häufigkeit, mit der sie es tun. Mehr als 22,2 Millionen der rund 320 Millionen Amerikaner gaben 2015 an, Cannabis-Produkte im Vormonat konsumiert zu haben. Darunter vor allem junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren, hauptsächlich Männer und Afro-Amerikaner. Zugleich glauben immer weniger Menschen, dass Marihuana eine wirklich gefährliche Droge sei. Cannabis-Produkte sind mittlerweile in mehr als der Hälfte aller US-Bundesstaaten für medizinische Zwecke erlaubt, etwa bei chronischen Schmerzen oder Nebenwirkungen von Multipler Sklerose. In acht US-Bundesstaaten, plus der Hauptstadt Washington, darf auch einfach so legal gekifft werden, obwohl nationales Recht Cannabis weiterhin als illegale Droge verbietet. Die Grenzen zwischen beiden Nutzungen sind oft fließend.

Verstärkt mehr Legalisierung nun auch die Probleme? Darüber streiten sich Gegner und Befürworter. Studien widersprechen sich, und die Nationale Wissenschaftsakademie stellte zu Jahresbeginn desillusioniert fest, es gebe zu wenig verlässliche Daten zur Abschätzung der Gesundheitsfolgen. Fest steht: Die Zahl der Marihuana-Konsumenten in den USA, die mit Problemen in der Notfallambulanz landen, steigt. Das Netzwerk zur Warnung vor Drogenmissbrauch (DAWN) schätzt, dass es bereits 2011 in den USA rund 456.000 Notfallambulanz-Besuche gab, bei denen Marihuana in den Unterlagen genannt wurde – 21 Prozent mehr als 2009.

Ob der Anstieg jedoch daran liegt, dass mehr Leute kiffen oder die Droge immer mehr Wirkstoff THC enthält, bleibt unklar. Experten betonen, dass der Anteil des halluzinogenen Wirkstoffs THC seit Jahrzehnten bei speziellen Züchtungen unter Kunstlicht stark steigt. Psychosen, Angstzustände, lähmende Apathie, und bei heftigem Konsum auch messbare Veränderungen der Hirnstruktur und IQ-Einbußen gehören zu den Nebenwirkungen, die Cannabis-Konsum unter Umständen haben kann. Dennoch betonen Cannabis-Anhänger: Anders als Alkohol, Nikotin oder die in den USA grassierende Abhängigkeit von Opioiden habe Marihuana allein noch kein einiges Todesopfer gefordert.

Die deutlich gefährlicheren synthetischen Cannabinoide hingegen, ursprünglich entwickelt als mögliches Mittel gegen Begleiterscheinungen der Chemotherapie, können Atemstillstand hervorrufen. Als „Spice“ und „K2“ tauchen sie seit 2009 zunehmend auf. Allerdings sind sie bislang deutlich weniger verbreitet als Marihuana. (dpa)