In weißen Kitteln gegen Trumps „alternative Fakten“

Bild von der Demo in San Francisco | afp

Krupin hat 40 Jahre lang als Forscher in einem klinischen Labor gearbeitet. Er sagt, Demonstrieren sei das Mindeste, was er jetzt tun könne.

So geht es vielen Menschen an diesem Samstag. Rund 10.000 versammeln sich am internationalen „Earth Day“ trotz strömendem Regen allein in der US-Hauptstadt, um für die Freiheit der Forschung zu demonstrieren. Weltweit sind es noch einmal Zehntausende mehr. Es gibt Demos in Brüssel, Berlin, Hongkong, Wellington, São Paulo, Sydney. Sogar und in der Antarktis setzen Demonstranten ein Zeichen. Die Organisatoren des „March for Science“ betonen, dass sie unparteiisch seien. Aber die Proteste sind alles andere als unpolitisch. Es ist vor allem die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump, die viele Wissenschaftler so wütend macht.

Etliche Demonstranten in Washington tragen Schilder, die sich gegen die Verbreitung von „alternativen Fakten“ richten – eine Formulierung, mit der Trumps Beraterin Kellyanne Conway eine falsche Behauptung über die Zuschauerzahlen bei Trumps Amtseinführung verteidigt hatte. Sie steht stellvertretend für die Art, mit der die neue US-Regierung aus Sicht von Kritikern Tatsachen verdreht. Andere Plakate zeigen die Erde und die Aufschrift „I’m with her“ („Ich bin an ihrer Seite“) – eine Anspielung an den gleichlautenden Wahlkampfslogan der Demokratin Hillary Clinton. Trump ist kein Vorkämpfer für die Wissenschaft. Die Existenz eines von Menschen verursachten Klimawandels hat er in der Vergangenheit angezweifelt, sogar als Erfindung, als „Ente“ bezeichnet. Viele Wissenschaftler sind darüber bestürzt – und haben gleichzeitig Sorge, dass ihre Forschungsfreiheit künftig stark eingeschränkt werden könnte und die Finanzierung ungewiss ist.

Trumps Haushaltsentwurf sieht drastische Einsparungen vor. Von seiner Rotstift-Politik betroffen sind neben der Umweltschutzbehörde EPA vor allem auch die Wetterbeobachtung der Raumfahrtbehörde NASA und die Klimaforschungsbehörde NOAA. Robert Merritt weiß, was die globale Erwärmung anrichten kann. Der 33-Jährige ist gerade aus dem westafrikanischen Sierra Leone zurückgekommen, wo er zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Küstengebiete geforscht hat. Über die neue US-Regierung kann er nur den Kopf schütteln. „Diese völlige Abwesenheit von Fakten, Vernunft und Logik und diese geistige Anspruchslosigkeit finde ich wirklich sehr beunruhigend.“ In seinem Rücken liegt das Weiße Haus. Trump ist dieses Wochenende dort geblieben, seine Pressestelle verbreitet eine Mitteilung zum „Earth Day“. Man müsse die Umwelt schützen, dürfe dabei aber Amerikas Arbeitern nicht schaden, heißt es darin. Seine Regierung sei bestrebt, die wissenschaftliche Forschung voranzutreiben. Wissenschaft dürfe aber nicht auf Ideologie beruhen. Als Trump die Regierungszentrale am Mittag verlässt, muss seine Fahrzeugkolonne an Dutzenden Demonstranten vorbeifahren. Robert Krupin, der Rentner mit dem weißen Kittel, glaubt nicht, dass sich der Präsident um die Proteste schert. „Für ihn sind wir ein paar verrückte Radikale. Aber ich denke, es werden sich mehr Menschen Gedanken machen.“ (dpa)