In Michal Hvoreckys „Troll“ blitzt bitterböse Satire auf

Fake-News und Hasskommentare stehen im Mittelpunkt des neuen Romans des slowakischen Autors Michal Hvorecky. | Lukas Schulze/dpa

Es ist keine angenehme Lektüre, für die man sich abends mit einem Glas Rotwein gemütlich in den Ohrensessel setzt, aber eine lohnende.

Hvorecky versteht es, Form und Inhalt in Übereinstimmung zu bringen. Er beschreibt eine nahe Zukunft, in der Trolle mit erfundenen Nachrichten und üblen Kommentaren die Debatte im Internet beherrschen. So, wie sich irre Fake-News und Beschimpfungen im Netz überschlagen, nimmt auch sein Roman rasch Fahrt auf.

In schneller Folge sieht sich der Ich-Erzähler immer neuen Situationen ausgesetzt. Er steigert sich als Angestellter der vom „Reich“ finanzierten Troll-Zentrale in sein zerstörerisches Tun hinein, verändert zunehmend seine Persönlichkeit und zuletzt auch sein Aussehen.

Längst geht es nicht mehr um Plausibilität. Stattdessen wächst sich anfängliches Unbehagen der Leser zu Abscheu und blanker Angst aus. Die Grenzen verschwimmen. Nicht nur zwischen Form und Inhalt, auch zwischen gesellschaftlicher Realität und Hvoreckys Fiktion.

In „Troll“ steckt mehr als ein Körnchen aktueller Wirklichkeit. Skizzierend, karikierend lässt der Autor immer wieder eine bitterböse Satire auf heutige Zustände – nicht nur – in Osteuropa aufblitzen.

Russland treibt den Informationskrieg gegen Demokratie und elementare Menschenrechte im Roman unablässig und erbarmungslos voran. Als Sündenböcke dienen Roma und Juden – allen voran der freundliche ältere Nachbar des Ich-Erzählers. Und die Krankenhaus-Szenen knüpfen in erschreckender Weise an die Zustände im Gesundheitswesen von Hvoreckys slowakischer Heimat an: Medizinisches Personal wandert aus, die jüngste Krankenschwester ist 63, die Masern grassieren infolge verbreiteter Impfmüdigkeit, Patienten müssen sich als Selbstversorger um Bettwäsche, Klopapier und Medikamente kümmern.

Michal Hvorecky bringt sich als einer der führenden Intellektuellen in der Slowakei unermüdlich in öffentliche Debatten ein. Sein Roman „Troll“ fußt zweifellos auch auf den Erfahrungen des Autors in sogenannten Sozialen Netzwerken.

Dass daraus dieses negative Bild der Zukunft, diese bedrohliche Dystopie wurde, verwundert deshalb nicht. Überraschend ist da eher das Ende dieses ebenso verstörenden wie lesenswerten Romans. (dpa)