Viele Tote in Hotel nach Lawine in Italiens Erdbebenregion

Das von Rettungskräften veröffentliche Videostandbild zeigt die Schneelawine im Inneren des Hotels "Rigopiano" bei Farindola in den Abruzzen. | dpa

Nach einer schweren Erdbebenserie verschüttet eine Lawine ein Hotel in Italien. Dutzende Menschen werden in dem Haus begraben. «Hilfe, Hilfe, wir sterben vor Kälte», steht in einer verzweifelten SMS.

Eine Lawine hat in Italiens Erdbebenregion ein vierstöckiges Hotel bis zum Dach verschüttet und bis zu 30 Menschen getötet. Die Aussicht, Überlebende zu finden, galt am Donnerstag als gering. «Es sind viele Tote», erklärten die Rettungskräfte. Erste Leichen wurden am Donnerstagnachmittag geborgen. Im Inneren des Gebäudes vermuteten die Einsatzkräfte 30 Menschen. Über mögliche Opfer aus Deutschland gab es zunächst keine Erkenntnisse.

Unter den Verschütteten im Abruzzen-Ort Farindola sollen auch mindestens zwei Kinder sein. Nach Angaben der Feuerwehr gab es zunächst kein Zeichen von Überlebenden. Die Lawine war am Mittwoch abgegangen, nachdem eine schwere Erdbebenserie die meterhoch eingeschneite Region erschüttert hatte. Mindestens zwei Menschen überlebten das Unglück.

Bilder einer Videokamera zeigten, wie die Lawine in das Vier-Sterne-Hotel Rigopiano mit 45 Zimmern eingedrungen ist. Die Rettung wurde durch Schneemassen erschwert. Die ersten Helfer kamen nur auf Skiern zu dem Hotel. Nach Medienberichten soll das Hotel durch die Wucht der Lawine um zehn Meter verschoben worden sein.

Vier Beben, die alle eine Stärke über 5 hatten, hatten am Mittwoch das Gebiet erschüttert, das bereits im August und Oktober von Beben heimgesucht worden war. Erdbeben und seit Jahrzehnten nicht da gewesene Schneefälle hätten eine beispiellose «Kneifzange» gebildet, sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni am Donnerstag in Rieti. In den nächsten Tagen soll es in der Erdbebenregion weiter schneien.

Auch Ausländer waren unter den Opfern. Unter den Touristen, die sich wohl noch im zugeschütteten Hotel befanden, sollten auch drei Rumänen sein, eine Mutter mit ihren zwei Kindern, teilte das Außenministerium in Bukarest am Donnerstag mit. Ob sie überlebt haben, sei unbekannt.

Aus dem Gebäude soll es einen Hilferuf per SMS gegeben haben, wie Medien berichteten: „Hilfe, Hilfe, wir sterben vor Kälte.“

Die Einsatzkräfte verschafften sich am Donnerstag Zutritt zum Hotel und suchen mit Spezialhunden, Geophonen – mit denen Bodenschwingungen erfasst werden können – und Kameras nach den Vermissten. Der Feuerwehr zufolge hatten sich viele Menschen in der Bar aufgehalten, als die Lawine am Mittwoch über das Hotel hineingebrochen war.

Aus dem Gebäude soll es dann am Abend einen Hilferuf per SMS gegeben haben, wie Medien berichteten. «Hilfe, Hilfe, wir sterben vor Kälte», zitierten Ansa und die Zeitung «La Repubblica» die Textnachricht.

«Wir rufen, aber niemand antwortet», berichteten Helfer. Die dramatische Szenerie, die sich den Helfern zeige, sei ein «tragisches Gemisch aus Erdbeben und Lawine». Die Lawine sei «immens». Einige der Rettungskräfte steckten im Schnee fest. Auch Krankenwagen kamen zeitweise wenige Kilometer von dem Hotel entfernt nicht weiter.

Weil sie sich im Freien aufgehalten haben, haben mindestens zwei Menschen aus dem Hotel überlebt. Ein 38-Jähriger sei unversehrt, weil er zum Auto gegangen sei, um etwas zu holen, berichtete Ansa unter Berufung auf Ärzte. Der Mann habe die Einsatzkräfte alarmiert. Er selbst sei auch verschüttet worden, habe sich aber aus eigenen Kräften befreien können. Er bange um Frau und zwei Kinder.

Ein Freund des 38-Jährigen sagte Medienberichten zufolge, dass die Gäste nach den Beben am Mittwoch abreisen wollten. «Sie hatten schon die Koffer gepackt, alle Gäste wollten abreisen.» Die Menschen hätten auf einen Schneepflug gewartet, dessen Ankunft sich allerdings verzögerte, berichtete auch die Zeitung «La Repubblica». Die Staatsanwaltschaft in Pescara leitete Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung ein. Gegen wen, war unbekannt.

In der Nacht zu Donnerstag kam es zu weiteren Erdstößen in der Region. Einige Orte waren wegen des Schnees von der Außenwelt abgeschnitten, Tausende Haushalte ohne Strom. Durch die heftigen Schneefälle und die Erdbeben erhöhte sich die Lawinengefahr – derzeit gilt die Alarmstufe vier von fünf. Einsatzkräfte hatten bereits am Mittwochabend eine Leiche aus den Trümmern eines Hauses in der Gemeinde Castel Castagna in der Provinz Teramo geborgen.